Einleitung:
Die katholische Kirche feiert am 14. September das Fest „Kreuzerhöhung“
Um dieses Fest zu verstehen
müssen wir in die frühe Geschichte der Kirche,
genauer in das 4. Jahrhundert zurückschauen:
Wurden die Christen in den ersten drei Jahrhunderten massiv verfolgt,
so hat sich ihre Situation mit Kaiser Konstantin im Jahr 313 massiv verändert.
Er hatte nicht nur das Christentum zur erlaubten Religion
(neben dem offiziellen staatlichen Götterkult) erklärt,
sondern auch damit begonnen, für die Christen die ersten Kirchen zu bauen.
Das tat er in Rom, in Bethlehem und in Jerusalem.
Über dem Hl. Grab in Jerusalem baute er die Kirche,
die wir heute „Grabeskirche“
und die Orthodoxen Christen „Anasthasis“ Auferstehungskirche nennen.
Und am Tag nach der Weihe dieser Kirche, am 14. September 335
wurde dort zum ersten Mal das Kreuz Jesu zur Verehrung ausgestellt,
das – wie wir aus der Legende wissen – von Kaisern Helena,
der Mutter des Konstantin aufgefunden worden war.
Ich habe heute unseren Kreuzpartikel
– ein ganz kleines Stückchen Holz eingefasst in dieses Gefäß –
mitgebracht, um uns das Kreuz Jesu gegenwärtig zu machen.
Das Fest Kreuzerhöhung lädt ein, auf das Kreuz zu schauen.
Nicht nur auf zwei hölzerne Balken, sondern auf Christus,
der am Kreuz für uns gestorben,
und am dritten Tag danach auferstanden ist.
Ich finde es sehr schön,
dass wir an diesem Fest eine Bergmesse feiern dürfen.
Auf jeden Gipfel in unserem Land
haben gläubige Menschen ein Kreuz aufgestellt.
Zeichen unseres christlichen Glaubens, Zeichen unserer Erlösung.
Jesus Christus, der gekreuzigt wurde und auferstanden ist,
er ist jetzt unter uns gegenwärtig.
Ihn rufen wir an:
KYRIE
Lesung
Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther: (1 Kor 1,18-29)
Das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit;
uns aber, die gerettet werden,
ist es Gottes Kraft.
Es heißt nämlich in der Schrift:
Ich lasse die Weisheit der Weisen vergehen
und die Klugheit der Klugen verschwinden.
Wo ist ein Weiser?
Wo ein Schriftgelehrter?
Wo ein Wortführer in dieser Welt?
Hat Gott nicht die Weisheit der Welt als Torheit entlarvt?
Denn da die Welt angesichts der Weisheit Gottes
auf dem Weg ihrer Weisheit Gott nicht erkannte,
beschloss Gott, alle, die glauben,
durch die Torheit der Verkündigung (des Kreuzes) zu retten.
Die Juden fordern Zeichen,
die Griechen suchen Weisheit.
Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten:
für Juden ein empörendes Ärgernis,
für Heiden eine Torheit,
für die Berufenen aber,
Juden wie Griechen,
Christus,
Gottes Kraft und Gottes Weisheit.
Denn das Törichte an Gott
ist weiser als die Menschen
und das Schwache an Gott
ist stärker als die Menschen.
Seht doch auf eure Berufung, Brüder!
Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn,
nicht viele Mächtige,
nicht viele Vornehme,
sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt,
um die Weisen zuschanden zu machen,
und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt,
um das Starke zuschanden zu machen.
Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt:
das, was nichts ist,
um das, was etwas ist, zu vernichten,
damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott.
Wort des lebendigen Gottes.
Predigt
Liebe Bergsteiger,
liebe Schwestern und Brüder!
Als wir in Waldram unser neues Schulhaus gebaut haben,
da haben wir in einem Projekt
mit dem Titel „Christus darstellen“
von Schülern
die Christusbilder in den Klassenzimmern anfertigen lassen.
Die Schülerinnen und Schüler
hatten die Aufgabe
ein Kunstwerk anzufertigen,
das der Klasse Christus zeigt
und das als der religiöse Punkt im Klassenzimmer
auch dazu geeignet ist,
dass wir beim Schulgebet
in Richtung dieses Bildnisses beten können.
Wie man sich denken kann,
sind die Kunstwerke äußerst verschieden ausgefallen.
Viele der jungen Künstler
haben das Kreuz in verschiedenster Form abgebildet.
Eines von den Kreuzen sorgt bis heute für Diskussionen:
Vor einem etwa 50 cm hohen einfachen Kreuz aus zwei hellen Holzlatten
hat der Künstler mehrere runde Plexiglasplatten
– jede ungefähr so groß wie eine CD –
angebracht.
Auf jeder dieser durchsichtigen Plexiglasscheiben
findet man ein Symbol einer der großen Religionen:
Den Davidsstern für das Judentum,
den Halbmond für den Islam,
das Kreuz für das Christentum…
Doch alle diese Symbole werden deutlich überragt,
von dem großen Holzkreuz.
Das Kreuz überragt alle Religionen.
Was ist denn das Überragende am Kreuz?
Alle Religionen
haben doch in sich den gemeinsamen Gedanken,
dass Gott der Größte ist,
dass ER das Absolute ist,
dass ER alles überragt.
In der Tat glauben wir Christen
– im Unterschied zu den anderen Religionen –
an den Gott, der nicht nur groß und mächtig ist,
der uns nicht nur das Leben und alles, was wir dazu brauchen, schenkt.
Wir glauben an einen Gott, der sich selbst verschenkt.
WIR glauben an den Gott der die LIEBE IST.
Der diese Liebe nicht nur sagt und zeigt,
sondern der sie mit seinem ganzen Leben LEBT.
Ja, der die Liebe so lebt,
dass er selbst für diese Liebe,
für die Geliebten SEIN LEBEN gibt.
„Es gibt keine größere Liebe,
als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13)
So sagt es Jesus Christus
und er beweist seine Liebe zu uns durch seinen Tod am Kreuz.
Das ist eine Form der Liebe,
die mit den Maßstäben der Menschen
weder damals noch heute verstehbar ist.
Deshalb schreibt Paulus
wenige Jahre nach dem Kreuzestod Jesu
an die Korinther über die Botschaft vom Kreuz,
sie sei „für Juden ein empörendes Ärgernis,
für Heiden eine Torheit“. (1 Kor 1,23)
Doch für die,
die in ihren Herzen erfasst haben,
was das Kreuz, was Jesu Tod
für jeden einzelnen Menschen
wirklich bedeutet
– für die, die Gottes grenzenlose Liebe erkannt haben –
ist die Botschaft vom Kreuz
„Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Kor 1,24).
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir dürfen an einen Gott glauben,
dessen Wesen grenzenlose Liebe ist.
Die Liebe,
die nicht einmal vor der Hingabe des eigenen Lebens zurückschreckt.
Und diese Liebe,
dieser Gott,
stellt alles andere in den Schatten.
Zeichen dieser Liebe ist das Kreuz.
Und wenn wir zum Kreuz schauen,
dann tun wir das nicht nur als Betrachter,
als Leute, die es bestaunen oder sich darüber wundern.
Christen blicken zum Kreuz
mit dem Auftrag,
die Liebe Gottes zum Vorbild für das eigene Leben zu nehmen:
„Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder
und liebt einander,
weil auch Christus uns geliebt
und sich für uns hingegeben hat
als Gabe und als Opfer, das Gott gefällt.“ (Eph 5,1f)
So legt es Paulus nicht nur den Christen in Ephesus nahe.
Auch von uns ist gefragt,
einander so zu lieben.
Unser ganzes Leben einzusetzen füreinander.
Dort wo das geschieht,
wo Christen so leben,
da wird allen Menschen sichtbar,
dass das Kreuz alles andere in den Schatten stellt.
Liebe Bergfreunde!
Immer wenn Menschen
– inspiriert durch den Glauben an Christus –
ihr Leben, ihre Zeit, ihre Kraft einsetzen
für ihre Brüder und Schwestern,
für ihre Weggefährten und Nächsten,
dann wird etwas von der Größe Gottes,
der die Liebe ist,
sichtbar.
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