Predigt am dritten Adventssonntag B
Gehalten von Pfr. Martin Schnirch am 11.12.2011 in St. Matthias, Waldram
„DU!“
„Wer bist DU?“
So fragen die Priester und Leviten Johannes den Täufer.
„Wer BIST du?“
„ICH?“
„ICH bin nicht der Messias!“
„Nein, auch nicht Elia!
Nein, auch nicht der Prophet!“
„Wer bist DU denn dann?“
„Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft:
Ebnet den Weg für den Herrn!“ (Joh 1,23)
Und als die Pharisäer weiterbohren sagt Johannes:
„Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt
und der nach mir kommt;
ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.“ (Joh 1,26f)
Liebe Brüder und Schwestern!
Johannes der Täufer,
die große Gestalt des Advents,
steht auf den ersten Blick im Mittelpunkt des Evangeliums
vom dritten Adventssonntag.
Johannes der Täufer, der der große Fingerzeiger ist.
Mattias Grünewald hat ihn im Isenheimer Altar
in beeindruckender Weise dargestellt.
Sein riesiger Zeigefinger deutet auf Jesus am Kreuz.
Und genauso deutet Johannes der Täufer im Evangelium
unüberhörbar und unübersehbar auf Christus.
Als er gefragt wird wer er sei,
sagt er nicht
„Ich bin Johannes der Täufer!“
Er sagt nur sehr deutlich,
wer er NICHT ist:
NICHT der Messias, NICHT Elia, NICHT der Prophet.
Und als er gefragt wird,
weshalb er tauft, wenn er all das NICHT ist,
bleibt er die Rechtfertigung schuldig.
Er spricht nicht von sich,
sondern zeigt nur auf den, den er verkünden soll:
der mitten unter euch steht,
den die Leute nicht kennen
und dem die Schuhe aufzubinden Johannes selbst nicht würdig ist.
Johannes ist der große Fingerzeiger Jesu.
Der lebendige Hinweis auf Christus.
Er selbst,
obwohl er eine beeindruckende Gestalt gewesen sein muss,
tritt in den Hintergrund
und tritt – später dann – ganz von der Bühne des Evangeliums ab,
um Jesus Christus Platz zu machen.
Johannes ist nur der Wegbereiter,
nur der Vorläufer.
Ich finde es beeindruckend,
wie das Matthias Grünewald dargestellt hat:
die Hand mit dem beinahe überdimensionalen Finger
und die riesigen Füße.
Fest steht er mit beiden Beinen auf dem Boden.
Und sein Lebensmotto,
„Illum oportet crescere, me autem minui“
„Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden“
ist seine deutliche Botschaft.
Johannes ist ganz der Zeiger auf IHN,
auf Christus.
Liebe Schwestern und Brüder!
Im Advent stellt uns die Kirche Johannes den Täufer vor Augen,
weil er auf Christus zeigt.
Da ist der Christus noch nicht zu sehen.
Johannes aber sieht ihn schon.
Johannes zeigt ihn schon:
„Mitten unter euch steht er.“
Johannes kennt ihn schon,
„aber ihr (Pharisäer) kennt ihn nicht.“
„Und deshalb seht ihr ihn auch nicht!“
Doch Christus ist schon da!
Mitten unter den Menschen.
Auch wenn die Menschen ihn noch nicht kennen.
Auch wenn die Menschen ihn noch nicht sehen.
Auch wenn die Menschen vor ihm die Augen verschließen.
Er ist schon gekommen
und hat sich mitten unter ihnen hingestellt.
„Mitten unter euch steht ER.“
„ER ist schon zu euch gekommen
und hat einen Platz mitten unter euch Menschen eingenommen.
Ihr bräuchtet ihn nur kennenlernen.
Ihr bräuchtet nur Eure Augen aufzumachen,
dann würdet ihr IHN sehen.“
„Öffnet Eure Augen für Christus!
Öffnet Eure Herzen für Christus!
Öffnet Eure Welt für Christus!“
So könnte die Botschaft Johannes des Täufers auch heute lauten.
Liebe Schwestern und Brüder
Die Welt sieht Jesus Christus,
– seine Gegenwart –
oft nicht,
weil es – auch in der Kirche – zu wenige Menschen gibt,
die – wie Johannes der Täufer – auf Christus zeigen.
Es gibt unzählig viele, die auf sich selber zeigen:
„Schau mich an, wie toll ich bin!
Bin ich nicht der Nabel der Welt?
Bin ich nicht der Beste?
Bin ich nicht in der Lage mich am eigenen Schopf
aus dem Schlamassel zu ziehen?“
Und es gibt unzählige, die auf die Anderen zeigen:
„Schau die an!
Solche können wir nicht brauchen!
Schau die Frommen an!
Schau die Unfrommen an!
Schau die Sünder an!
Schau die Selbstgerechten an!“
Wenn es mehr Menschen gäbe,
die – wie Johannes der Täufer –
auf Christus zeigten,
dann würden IHN mehr Leute entdecken.
Unsere Zeit – unsere – Kirche
braucht Fingerzeiger für Jesus Christus.
Unsere Zeit braucht Menschen,
die Christus schon erlebt haben,
die wissen, dass er schon mitten unter uns da ist
und die sich trauen, auf IHN zu zeigen.
Unsere Zeit braucht Menschen wie Sie und mich,
die Jesus schon erfahren haben
und die Andere auf IHN hinweisen.
Woran kann man sehen, dass Jesus da ist?
Man kann ihn sehen:
wenn Freude da ist,
wenn gelebte gegenseitige Liebe da ist,
wenn Menschen sich getragen wissen,
wenn Menschen über sich hinaus wachsen,
wenn Menschen Trost und Hilfe erfahren,
wenn aus dem Miteinander mutige Ideen entstehen.
Man kann Jesus in mitten seiner Gläubigen sehen,
nicht mit den Augen des Körpers,
aber mit dem Gespür und den Augen der Seele.
Ich bin überzeugt,
dass jeder und jede von uns IHN schon einmal erfahren hat.
Und dass jeder und jede auf IHN zeigen könnte,
der schon mitten unter uns da ist.
Wir brauchen nicht auf sein Kommen zu warten.
ER IST schon da!
Er ist DA, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.
Wenn wir heute in seinem Namen hier zusammen sind,
dann ist er da,
das hat er versprochen.
Wollen wir ihm etwa unterstellen,
dass es leere Versprechungen macht?
Wenn wir in unserem Haus in seinem Namen versammelt sind,
dann ist ER DA!
Und wenn Sie in ihrer Familie in seinem Namen versammelt sind,
dann ist ER DA!
Da brauchen wir keine Angst vor dem Bösen zu haben,
keine Angst vor der Zukunft,
keine Angst vor dem Versagen,
nicht einmal mehr Angst vor dem Tod,
denn Jesus Christus ist da
und hat all das überwunden!
Ich wünsche uns,
jedem Einzelnen und der Kirche,
dass uns das immer klarer wird.
Dass wir nicht wie die Pharisäer,
IHN nicht kennen und nicht sehen.
Sondern wie Johannes der Täufer auf IHN zeigen,
der mitten unter uns da ist.
Weiterlesen