gehalten von Pfr. Martin Schnirch am 27.11.2011 in St. Matthias Waldram

Liebe Brüder und Schwestern!

Stellen Sie sich vor,
Sie sind Verantwortlicher für ein großes Haus,
in dem viele Menschen leben und arbeiten,
in dem viele Menschen
– einfache Leute ebenso wie bedeutende Persönlichkeiten – 
ein- und ausgehen.

Nun müssten Sie als Verantwortlicher für dieses Haus
einen Pförtner anstellen.

Einen Portier, der – oder die – am Eingang des Hauses steht,
an der Rezeption,
und Tag für Tag die Ein- und Ausgehenden begrüßt,
bedient, berät und verabschiedet.

Was würden Sie als Anforderungen an einen Bewerber
in die Stellenanzeige schreiben?

Wie müsste der Bewerber sein,
den Sie sich dann anstellen?

Er müsste mit Menschen umgehen können.
Ein sympathisches und gewinnendes Wesen haben.
Menschenkenntnis bräuchte er genauso
wie gute Umgangsformen.
Ein entschiedenes Auftreten.
Er müsste sich auch trauen,
jemanden von der Tür zu weisen.
Aber sich meist so verhalten können,
dass sich die Menschen
gleich vom ersten Moment in diesem Haus wohlfühlen.

Er müsste möglichst schnell DIE kennen können,
die zum Haus gehören.
Er müsste eine gute Auffassungsgabe haben
und um das wissen, was im Haus vor sich geht.
Gleichzeitig müsste er die nötige Diskretion,
die Verschwiegenheit besitzen,
über die Vorgänge und die Personen im Haus
nichts nach außen dringen zu lassen.

Kurz gesagt: Er müsste die nötige Wachsamkeit besitzen.

In dem Gleichnis, das Jesus uns heute erzählt,
setzt der Hausherr genau einen solchen Türhüter ein.

Einen Ostiarier, oder auch Janitor,
wie es in der damaligen Zeit üblich war.

Direkt am Eingang des Hauses
lag seine „cella ostiaria“, sein eigener Raum,
von dem aus er den Eingang bewachen und seinen Dienst tun konnte.

Meist setzte man Slaven dafür ein.

In der Kirche kannte man diesen Dienst auch lange Zeit.
In der frühen Kirche war er selbstverständlich,
weil sich die Christen ja in den Häusern trafen.

Und er war notwendig,
um darauf zu achten,
dass während der Eucharistiefeier kein unberechtigter das Haus betrat
und um vor möglichen Verfolgern zu warnen.

Seit dem 3. Jahrhundert
ist dieser Dienst in der römischen Kirche nachweisbar.

Und bis nach dem Zweiten Vaticanum
gab es als erste Stufe der niederen Weihen den „Ostiarier“.

Im Evangelium des Ersten Adventssonntags
nennt Jesus den Türhüter,
um seinen Zuhörern deutlich zu machen,
welche Eigenschaften sie selbst haben sollen.

Jesus weist uns alle darauf hin,
dass wir wie ein guter Türhüter, wie ein guter Portier, sein sollen.

Uns allen ist dieser Dienst aufgetragen.

An uns vorbei müssen ja alle gehen,
wenn Sie – im Bild gesprochen –
in das Haus des Herrn kommen.

Wir, die praktizierenden Christen,
sind die mit denen die Menschen
die im Moment nicht im Haus des Herrn sind,
in Berührung kommen.

So mehr oder weniger einladend wie wir uns geben,
so mehr oder weniger einladend wird die Kirche erlebt.

Unsere Umgangsformen erleben die Menschen zuerst
und erleben sie als Umgangsforen von „Denen in der Kirche“.

Der Dienst des Türhüters ist ein äußerst wichtiger.

Und er ist uns allen aufgetragen.

Die Eigenschaften,
die ein Türhüter erfüllen muss, sind vielfältig.
Und seine Aufgabe ist für das ganze Haus
von entscheidender Bedeutung.

Seine Wichtigste Aufgabe, seine wichtigste Eigenschaft aber
ist wohl die Wachsamkeit.

Die Wachsamkeit im Umgang mit denen, die an das Haus kommen.Die Wachsamkeit im Umgang mit dem Nächsten.
Die Wachsamkeit im Bezug auf das was VOR dem Haus geschieht.
Die Wachsamkeit im Bezug auf das was IM Haus vor sich geht.
Und die Wachsamkeit gegenüber dem Herrn des Hauses.

Stellen Sie sich vor, der Portier übersieht den Herrn des Hauses,
oder er erkennt ihn nicht,
oder er kennt ihn nicht.
Oder er schläft gar,
wenn der Herr des Hauses eingelassen werden will.

Seid also wachsam!