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Jesus auf unserem Lebensweg begegnen

Liebe Wallfahrer, liebe Schwestern und Brüder!

Die „Verklärung Jesu“ legt uns die Kirche
am zweiten Sonntag der Fastenzeit im Lesejahr A vor.

Mit dem Begriff „Verklärung“
ist es wie mit vielen in unser heutiges Deutsch überkommenen Begriffen:

Er ist missverständlich.

Ja bisweilen führen diese Begriffe in die Irre
und den Hörer auf eine falsche Fährte.

„Verkleren“ bzw. „erkleren“
hatte mittelhochdeutsch einen doppelten Sinn:

einmal „erläutern“ (=declarare),
zum anderen „erhellen“ (dilucidare).[1] 

Auf diesem Hintergrund
wird das Verständnis dessen,
was da von der Tradition auf dem Berg Tabor angesiedelt wird,
geweitet.

Es ist nicht nur ein beeindruckendes Erlebnis
und schon gar nicht irgendetwas entrücktes,
was da geschieht.

Bekannte Exegeten haben diesem Text Überschriften wie
„Die Verwandlung des Gottessohnes“
oder
„Die Vorwegnahme der Vollendung“ gegeben.[2]

Sie zeigen so,
dass das Geschehen,
das die drei Jünger auf dem Berg erlebt haben,
in einen größeren Zusammenhang gestellt ist.

Es zeigt uns mehr über Jesus.

Wenn wir uns die ganze Szenerie noch einmal vor Augen stellen:

Jesus führt Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes
auf einen hohen Berg (vgl. Mt 17,1).

Bei jeder Pilgerfahrt,
die ich ins Heilige Land unternehme,
gehört ein Besuch auf dem Berg der Verklärung
zu einem festen Bestandteil.

Der Berg Tabor ragt aus der ansonsten flachen Jesreel-Ebene,
der fruchtbarsten Zone des heutigen Israel heraus
und jedes Mal,
wenn ich dorthin komme,
bin ich froh,
dass ich mit dem Auto hinauffahren kann,
denn zu Fuß wäre das sicher eine äußerst mühsame Sache.

Der Aufstieg auf den Berg.

– Mühe aufwenden müssen.

Es bedeutet schon eine Anstrengung,
wenn man mehr über Jesus erfahren will,
wenn man dem wahren Antlitz Jesu begegnen will.

Geistlich gesprochen ist eine Begegnung mit Jesus
meist verbunden mit Anstrengung für den Gläubigen.

Doch diese Mühe lohnt sich.

Es ist wie bei einer Wallfahrt und wie im übrigen Leben.

Nicht immer kann man mit einem so kurzen Weg
wie wir ihn heute zurückgelegt haben rechen.

Das Leben ist oft hart.

Auch das Leben eines Gläubigen.

Auch das Glaubensleben birgt Anstrengung:

Den inneren Schweinehund überwinden,
die eigen Trägheit ablegen,
den Kampf mit der Bettdecke,
die mich vom Morgengebet abhält,
zu gewinnen versuchen.

Mir Zeit zum Gebet,
zur Schriftbetrachtung,
zur Tagesreflexion nehmen.

Und dann auch noch die ganze Sache
mit der Liebe zum Nächsten,
die Jesus uns anschafft.

Das kann unter Umständen schon
eine gehörige Anstrengung bedeuten.

Doch was die Jünger auf dem Berg dann geschenkt bekommen,
das ist
– im Nachhinein betrachtet –
die Mühe wert.

Sie bekommen gezeigt,
dass Jesus noch weit mehr ist,
als sie bisher von ihm verstanden hatten.

ER ist das wahre Licht,

ER ist die wahre Sonne,
die nicht untergeht.

ER ist der
von allen alttestamentlichen Propheten angekündigte
Messias.

Mose und Elija
stehen stellvertretend für die Propheten des alten Bundes.

Und schließlich bekommen sie zu hören:

„Das ist mein geliebter Sohn,
an dem ich Gefallen gefunden habe;

auf ihn sollt ihr hören.“ (Mt 17,5b)

Das haut sie im wahrsten Sinn des Wortes um.

Und sie geraten in heftige Furcht.

– Ja es gibt Begegnungen mit Jesus,
die einen umhauen,

die einen aus den alten Gleisen werfen,

die einen nicht nur sprachlos machen,
sondern Furcht hervorrufen.

Die Einheitsübersetzung
übersetzt das griechische „ἐφοβήθησαν σφόδρα“ undeutlich
mit „sie bekamen große Angst“.

Dem Griechischen näher ist:
„sie gerieten in heftige Furcht“[3]

„Furcht“ entwickelt der Mensch aufgrund eines konkreten Ereignisses.

„Angst“ dagegen
ist eine Befindlichkeit des Menschen,
die ihn meist dauerhaft tiefer und stärker bestimmt.

„Angst“ ist eher ein generellerer Zustand.

Der „ängstliche Mensch“ hat seine Ängste auch,
wenn gerade nichts Furchterregendes vor im steht.

Doch als die Jünger in Furcht geraten,
da tritt Jesus auf sie zu.

Er berührt sie.

Fasst sie an,
so wie er es sicher im täglichen Umgang mit ihnen immer getan hat.

Und er sagt ihnen
wie so oft:
– wieder korrekter übersetzt –
„Steht auf und fürchtet euch nicht!“[4]

Nun sehen sie Jesus wieder ganz „normal“.

So,
wie sie ihn vorher auch gekannt haben.

Und er steigt mit ihnen wieder in die „Niederungen“
des alltäglichen Lebens hinab.

Er verbietet ihnen,
jemandem zu erzählen was sie gesehen und erlebt haben,
bis zu seiner Auferstehung.

Erst dann wir ihnen klar werden,
was sie erlebt haben.

In der Tat ist unser ganzer Glaube,
das ganze Evangelium,
nur aus der Sicht von Ostern zu verstehen.

Doch bis dahin
geht Jesus mit ihnen mit
in ihrem Alltag,
der sicher weit weniger spektakulär verläuft
als das,
was sie da gerade erlebt haben.

Auch das ist eine Botschaft dieses Evangeliums.

Es gibt „Highlights“
auch in der religiösen Erfahrung.

Aber eben auch das alltägliche Leben.

Einer meiner Organisten
hat mich als Pfarrer in der Sakristei vor der Messe immer gefragt:
„Gibt es heute etwas besonderes?“

Er meinte damit sicher,
ob außer dem „Gewöhnlichen“ etwas Spezielles sein wird.

Ich habe ihm fast immer geantwortet:
„Nur Jesus,
sonst nichts!“

Ich wollte damit sagen:
Auch,
ja vor allem
im alltäglichen Leben,
ist Jesus gegenwärtig.

Wenn wir heute diese Wallfahrt erleben,
dann dürfen wir vielleicht einen Höhepunkt,
eine Ermutigung für unseren Glauben erleben.

Wir dürfen uns in unserem Glauben stärken
und dann wieder in den Alltag hinuntersteigen

mit dem Wissen:
Auch im alltäglichen Leben
ist Jesus immer mit uns.


[1] Zitat aus: http://www.perikopen.de/Lesejahr_A/2Fast_A_Mt17_1-9_Wussow.pdf, Seite 7

[2] vgl. ebd.

[3] vgl. ebd. Seite 6

[4] vgl. ebd.

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Begegnung am Jakobsbrunnen

Liebe Schwestern und Brüder!

Wo soll man bei diesem inhaltsreichen Evangelium anfangen?

Es stecken viele Predigten in diesem Text.

Man könnte über Jesus sprechen,
der das lebendige Wasser ist,
der uns,
ja der ganzen Welt das Leben schenkt.

Man könnte darüber sprechen,
dass das Heil von den Juden kommt,
dass unsere Quelle das Alte Testament ist
und dass es in Jesus Christus seine Vollendung findet.

Man könnte darüber predigen,
was es bedeutet, Gott wahrhaft anzubeten.

Man könnte über den Willen Gottes sprechen,
den zu tun die Speise Jesu
und auch unsere Speise ist.

Ich lade Sie heute ein,
sich noch einmal die ganze Szene,
die uns das Johannesevangelium da schildert,
vorzustellen.

Und ich bitte Sie auf das zu schauen,
was Jesus tut.

Es ist der absolute Fauxpas,
was Jesus da am Jakobsbrunnen
in der Nähe des samaritischen Dorfes Sychar tut:

Nicht nur dass er als Mann in aller Öffentlichkeit
das Gespräch mit einer Frau sucht.

– Das war im Orient der Antike
mindestens genauso unanständig,
wie es das heute
in streng islamischen Ländern immer noch ist.

 Er spricht auch noch eine Samariterin an.

Das sind die,
die – aus jüdischer Sicht – dem falschen Glauben anhängen.

Die deshalb unrein sind
und mit denen man keinen Umgang haben darf.

Und noch dazu bittet Jesus diese Unreine
um etwas zu trinken.

 Ist schon das Gespräch mit dieser Frau ein NO GO.

Aber von dieser Unreinen auch noch Wasser zum Trinken zu verlangen,
das geht ja überhaupt nicht.

 Was die angefasst hat ist unrein
und das zu sich zu nehmen
macht ebenfalls unrein.

 – Frau,

– falscher Glaube,

– Unrein.

 Undenkbar was Jesus da tut.

Und dennoch führt das,
was sich aus dieser Begebenheit
 im vierten Kapitel des Johannesevangeliums
 ergibt
am Ende zur Bekehrung einer stattlichen Anzahl von Menschen
zum Glauben an Jesus Christus
und dazu,
dass diese Menschen zu ihm sagen :
„Bleib doch bei uns, Herr!“

Was hier geschieht, erinnert mich
an Papst Franziskus.

An das,
was er sichtbar vormacht
und an das,
wozu er seit dem Vorkonklave unermüdlich ermahnt und ermuntert:

Zu den Rändern der Gesellschaft zu gehen.

Für die Armen da zu ein.

Und keine Angst
vor der Berührung mit den Menschen zu haben,
auch wenn die eine andere Überzeugung
und einen anderen Glauben haben.

Der Heilige Vater wird nicht müde zu betonen,
dass eine Kirche, die das tut,
missionarisch ist.

Das Geschehen am Jakobsbrunnen zeigt uns auf,
wie Mission,
wie Werbung für den Jesus Christus geht.

Jesus selbst macht es uns vor.

Müde von der Reise bittet er die Frau um Hilfe.

Er steht zu seiner Schwachheit.

Und als sie sich auf das Gespräch einlässt,
über das sie selbst verwundert ist,
da hat Jesus keine Scheu,
ihr zu sagen wer er ist.

Deutlich aber zugleich nicht penetrant
verkündet er seine Botschaft,
ohne allerding einen dogmatischen Bauchladen
belehrend vor sich her zu tragen.

Offensichtlich versteht die Frau nicht alles,
was Jesus sagt.

Aber die menschliche Begegnung ist stärker.

Dabei ist es kein seichtes Geplänkel
oder nur der Austausch von Förmlichkeiten
die in dieser Begegnung stattfinden.

Ja mit großer Klarheit und Zielstrebigkeit
spricht Jesus nicht nur über sich,
sondern auch über die schwierigen Fragen
im Leben der samaritischen Frau.

Die erkennt,
dass es Jesus nicht darum geht,
sie anzugreifen,
mit ihr zu streiten
oder gar über sie zu urteilen.

Durch die Menschlichkeit und die Klarheit,
mit der Jesus ihr begegnet,
erkennt die Frau,
dass da einer ist,
der ihr wirklich etwas zu sagen hat.

Dass da einer ist,
der weit mehr ist als nur ein durstiger Fremder
auf dem Weg.

Und so geschieht an ihr selber das,
was Jesus ihr vorher bildhaft beschrieben hat:

Das Wasser,
das Jesus ihr gibt,
– sein gutes Wort
– sein Eu-Angelion
wird in ihr zur sprudelnden Quelle (vgl. Joh 4,14).

Die Samariterin
wird durch die Begegnung mit Jesus
selbst zu einer Missionarin,
die auch Andere zu IHM führt.

„Viele Samariter aus jenem Ort
kamen zum Glauben an Jesus
auf das Wort der Frau hin…“ (Joh 4,39)

Wer hätte anfangs gedacht,
dass aus dieser Frau,
die ja nicht einmal eine gläubige Jüdin war,
eine so eifrige Verkünderin Jesu werden würde?

Bewirkt hat das Jesus

durch das,
was er die Frau am Brunnen hat erleben lassen.

Wenn wir uns heute fragen,
wie wir Menschen für Christus gewinnen können,
dann können wir aus dieser Begebenheit,
aus dem was Jesus uns hier aufzeigt,
einige Tipps mitnehmen:

Zur eigenen Schwäche und Bedürftigkeit stehen
und sie sehen lassen.

Nicht selten empfinden die Menschen
die Kirche und die Verkünder des Evangeliums
als Leute, die Macht über sie ausüben wollen
oder meinen, ihnen überlegen zu sein.

Die Menschen
mit ihren Problemen und Fragen anhören und ernstnehmen.

Nicht selten fühlen sich die Menschen heute
von der Kirche und ihren Vertretern
nicht ernstgenommen.

Nicht selten erscheint die Verkündigung
als eine Ansammlung von Wahrheiten,
die an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei gehen.

Die Klarheit und die Wahrheit des Evangeliums nicht verstecken,
aber dabei nicht vergessen,
dass es sich um eine Frohe Botschaft handelt.

Nicht selten haben die Menschen den Eindruck,
dass Verkündigung seicht und dünn ist,
mit wenig Substanz.

Und ebenso
scheint nicht selten die Freude am Evangelium
hinter der Wahrheit
– oder der angeblichen Wahrheit
versteckt zu werden.

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit dem Evangelium lädt uns Jesus ein,
missionarisch zu sein.

Mit seiner Begegnung mit der Samariterin am Jakobsbrunnen zeigt er uns,
wie das geht.

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“Fasten your seatbelts”

Liebe Schwestern und Brüder!

„Fasten“

Mit diesem Wort
überschrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung
am vergangenen Donnerstag ihr Titelbild.

Das Bild zeigt eine Stewardess,
die – wie am Beginn jedes Fluges –
den Passagieren den Gebrauch des Sicherheitsgurtes vorführt.

Und unter dem Bild
wird das „fasten“
durch „your seatbelts!“
ergänzt.

„fasten your seatbelts!“

So lautet die Anweisung der Stewardess
im Flugzeug
und auch im Auto gilt Anschnallpflicht.

„fasten your seatbelts!“

„Verehrte Fluggäste!

Da jederzeit Turbulenzen auftreten können,
sind Sie verpflichtet,
sich anzuschnallen,
sobald Sie Ihren Sitzplatz eingenommen haben.“

In der Tat kann Nicht-Anschnallen gefährliche Folgen haben.

Und nach der Landung ertönt aus den Lautsprechern:

„Wir bitten Sie,
angeschnallt sitzenzubleiben,
bis die Maschine ihre Parkposition erreicht hat
und die Anschnallzeichen über Ihnen erloschen sind.“

Auch wenn viele Fluggäste ihre Gurte vorzeitig lösen,
zur eigenen Sicherheit ist es tatsächlich nicht zu empfehlen,
dieser Bitte nicht zu folgen.

Sogar in Reisebussen
muss man sich seit einigen Jahren anschnallen.

Gurtmuffel müssen eine Strafe bezahlen,
wenn sie erwischt werden.

Und im Falle eines Unfalls
kann das nicht angeschnallt sein
sogar das Leben kosten.

„fasten your seatbelts!“

Nun bin ich zwar kein Anglist,
aber das „fasten“ in „fasten your seatbelts“ und das Fasten,
zu dem wir Christen in dieser Zeit eingeladen sind,
ist dasselbe Wort.

Worum es beim Fasten geht,
das kann uns die Anweisung im Flugzeug verstehen helfen:

Auch wenn das Anschnallen die Bewegungsfreiheit deutlich einschränkt;

wir schnallen uns an,
damit es uns im Extremfall nicht herumhaut
und wir nicht zu Schaden kommen.

– Es können wirklich jederzeit Turbulenzen auftreten –

Der Gurt hält uns im Sitz fest,
auch wenn wir selber uns mit eigener Kraft nicht halten können.

Einen Gurt,
der sich erst anlegt, wenn er wirklich gebraucht wird,
gibt es nicht.

Vielmehr ist es nötig, während der gesamten Reise,
angeschnallt zu sein,
denn wir wissen ja nicht,
wann wir den festen Halt wirklich nötig haben.

Nur das eine wissen wir:

Wir brauchen den festen Halt.

– bei Turbulenzen wird das spürbar –

Im Flieger und im Auto bietet uns der Sitz den festen Halt.

Er lässt uns anlehnen.

Und egal, ob wir während es Fluges lesen, arbeiten oder schlafen,
der Sitz hat uns – im positivsten Sinne – „in der Hand“.

Was bei der Reise gilt,
gilt auch im übrigen Leben:

Wir brauchen Halt.

Sicherheit.

die Gewissheit,
dass wir nicht ins Bodenlose
oder gar ins Nichts fallen.

Was gibt uns diesen Halt?

Wer hat uns – im positiven Sinne – „in der Hand“?

Sicher gibt es da Menschen,
die versuchen, uns Halt zu geben:

Eltern und Geschwister,
Freunde,
Kollegen,

vielleicht sogar Vorgesetzte.

Als Christ ist mir klar:

Einen gibt es,
der mir immer Halt bietet:

GOTT.

Er,
der mich geschaffen hat,
der mich unendlich liebt,
der meine Stärken und meine Schwächen kennt,
der mich trotz meiner Fehler nicht fallen lässt
und – im positivsten Sinn – „in der Hand“ hält.

Dieser GOTT ist meine Stärke.

ER will und kann mein Halt sein,
auch wenn es Turbulenzen gibt.

Wenn ich mich an ihm festhalte,
dann wird es im Leben dennoch zu Turbulenzen
– ja zu Unfällen –
kommen.

Aber ich werde nicht ins Bodenlose stürzen
und mir nicht das Genick brechen,
wenn ich mich an IHM festmache.

Weil mir Gott aber nicht Fesseln anlegt,
sondern die Freiheit lässt,

weil er mich nicht in seine Arme zwingt,
deshalb bin ich gefragt,
mich an IHM festzumachen.

Ich gebe zu,
ich versäume das auch ab und zu.

Und gelegentlich meine ich auch,
selbst Herr der Lage
– vielleicht sogar ein Held –
zu sein.

Aber nicht selten
– so muss ich auch zugeben –
bin ich dabei schon gescheitert,
auf die Nase gefallen
und habe mir
– geistlich und vielleicht auch menschlich –
blaue Flecken geholt.

Ich kann Ihnen ehrlich sagen:
GOTT hat mich da noch nie enttäuscht.

Vielmehr habe ich schon oft die Erfahrung gemacht,
dass ER mir Halt,
Zuversicht,
Freude und Frieden gegeben hat,
wenn ich mich an ihm fest mache.

Freilich hat er mich auch nicht vom Stuhl geschupst,
wenn ich mich selber in den Mittepunkt gerückt habe,

aber leichter,
entspannter,
erfolgversprechender ist es,
mich an IHM fest zu machen.

Genau das ist der Zweck der christlichen Fastenzeit:

Mich an IHM, MICH an GOTT festmachen.

Die christliche Fastenzeit ist nicht die Zeit
des Gürtel-enger-Schnallens.

Nicht die Zeit,
in der ich mir und anderen beweise,
zu welchen heroischen Taten ich in der Lage bin.

Und schon gar nicht ist die Fastenzeit die Zeit,
in der ich mir Opfer auferlege,
die niemandem nützen.

Vielmehr bietet sich die Fastenzeit als eine Zeit an,
zum Einüben in das Mich-an-IHM-Festmachen.

Das will und muss nämlich eingeübt werden.

So wie ein Sportler die geforderte Leistung
auch nur mit Übung erbringen kann,

so wie das Anlegen des Sicherheitsgurtes
zur guten Gewohnheit werden muss,
so ist auch das Mich-an-IHM-Festmachen
einzuüben.

Es ist nicht ein einmaliger Akt,
sondern muss für den Christen
zur selbstverständlichen Gewohnheit werden.

Nun werden Sie sich vielleicht fragen:
Wie geht denn das?
Mich an Gott festmachen?

Das kann sehr unterschiedlich aussehen.

Zuerst muss ich mich fragen:
Woran halte ich mich fest?
und gibt mir das wirklich die dauerhafte Sicherheit,
den festen Halt,
  den ich brauche?

Da komme ich
– in meinem Leben zumindest –
auf viele Dinge,
die mir falsche Sicherheit vorgaukeln,

die mir den Eindruck vermitteln,
bei ihnen geborgen und gut aufgehoben zu sein,
die mich aber in Wirklichkeit abhängig und unfrei machen.

Genau besehen täusche ich mich mit diesen Dingen:

Ich vertraue auf die Technik,
auf mein Gefühl,
auf mein Geld,

ich lasse mich halten von meinen Phantasien,
dem, was ich als meine Bedürfnisse zu haben meine.

Aber echten,
letztlichen Halt?


den kann mir nur GOTT geben.

Wie kann ich mich an IHM festmachen?

Ich versuche es damit,
mir eine bewusste Zeit zum Gespräch mit IHM zu nehmen.

Bei diesen „Gesprächen“
muss ich gar nicht viele Worte machen.

Um mich Gott anvertrauen zu können,
muss ich eine Beziehung mit IHM haben.

Und mein Leben in der Beziehung mit IHM erkennen.

So will ich versuchen,
nicht nur am Beginn des Tages bewusst zu sagen:
„Mit Dir will ich den Tag beginnen!“

Sondern auch
am Ende des Tages,
die Ereignisse und Erlebnisse dieses Tages
noch einmal Revuepassieren zu lassen
und in ihnen zu entdecken,
dass ER – GOTT hier am Werke war.

Ich bin mir sicher,
dass ich genügend Gelegenheiten erleben werde,
bei denen ER mich
– meist im Nachhinein verstehbar –
gehalten hat.

Gespräch mit Gott – Gebet – ist das eine,
wozu uns die Fastenzeit einlädt.

Ein Zweites kennzeichnet daneben ein christliches Fasten:

Werke der Liebe tun.

Und auch da gibt es die verschiedensten Möglichkeiten:

Etwas für andere tun,
unabhängig von Sympathie,
sondern aus christlich verstandener Liebe.

Das befreit mich nicht nur von Selbstbezogenheit,
es hilft auch mit,
die Welt um mich herum zum Besseren zu verändern.

„fasten your seatbelts!“

Liebe Schwestern und Brüder!

Ich wünsche uns – Ihnen und mir – eine gute Fastenzeit,
in der es uns gelingt,
UNS an IHM – an GOTT – festzumachen.

Durch Weglassen der Dinge,
die uns falschen Halt vorgaukeln.

Durch eine Neubelebung
und Intensivierung unserer Beziehung mit Gott.

Und durch Taten der Liebe,
die die Welt um uns herum zu verbessern helfen.

In diesem Sinne:
eine gesegnete Fastenzeit.

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Predigt vor dem Humoristenabend 2014

Liebe Schwestern und Brüder!

„Christen sind Menschen der Freude“:

Die beiden Bibelstellen machen das für mich deutlich.

Heute am Tag unserer Faschingsfeier
fällt mir ein Film ein,
den ich sehr beeindruckend finde
und der einen wirklich lebenden Menschen beschreibt:

PATCH ADAMS

Ein Mann,
der zuerst mit seinem Leben gar nicht klar kam,
ja der sich selbst in die Psychiatrie eingewiesen hat.

Aber im Laufe seines Zusammenseins mit kranken Menschen
lernte er,
dass die Freude
eine heilende Wirkung hat.

Schließlich wurde er Arzt
und gründete eigene Kliniken,
in denen besonders darauf geachtet wird,
dass die Freude da ist.

Sehr beeindruckend
zeigt der Hauptdarsteller Robin Williams
die heilende Wirkung der Freude auf.

Auch in den Lesungen,
die ich für den heutigen Gottesdienst ausgesucht habe,
wird die Freude als etwas für den Christen Wesentliches
dargestellt.

„Christen sind Menschen der Freude“:

Was das heißt, dazu erlauben Sie mir,
Papst Franziskus zu zitieren:[1]

„Was ist das, diese Freude?
Ist es Fröhlichkeit?
Nein:
Es ist nicht dasselbe.

Fröhlich und heiter sein ist gut,
aber die Freude ist eine andere Sache,

sie ist mehr.

Sie ist nicht stimmungsabhängig,

sie stammt nicht aus dem Moment,
sondern sie geht viel tiefer.

Sie ist ein Geschenk.

Wenn wir die Fröhlichkeit immer ausleben wollen,
wird sie am Ende zu einer Leichtigkeit und Oberflächlichkeit.

Außerdem bringt sie mit sich einen Zustand,
wo es an christlicher Weisheit fehlt,

sie macht uns ein wenig dumm und einfältig.

Alles fröhlich und heiter?

Nein.

Die Freude ist eine andere Sache.

Die Freude ist ein Geschenk des Herrn,

sie erfüllt uns von innen her.

Es ist wie eine Salbung durch den Heiligen Geist.“

So der Papst.

Ein freudiger Mensch sei ein sicherer Mensch,
er sei sicher,
dass Jesus immer bei uns ist.

Wie aber mit der Freude umgehen?

Man könne sie ja schlecht haltbar machen und herumtragen.

Weiter sagt Papst Franzskus:

„Nein,

denn wenn wir diese Freude nur für uns selbst haben wollen,
wird sie krank

und das Herz wird ein wenig zerknittert.

Unser Gesicht strahlt dann nicht diese Freude aus,
sondern eine Nostalgie,
eine Melancholie,
die nicht gesund ist.

Manchmal haben diese melancholischen Christen ein Gesicht
wie Chilischoten in Essig
anstatt sich zu freuen
und ein gutes Leben zu haben.

Die Freude kann niemals fest werden,

sie muss weitergehen.

Die Freude ist eine pilgernde Tugend.

Sie ist ein Geschenk,
das sich bewegt,
das auf dem Weg des Lebens geht,
mit Jesus geht.“

So der Papst.

Christen wollten diese Freude weitergeben,
weil sie erfüllt von ihr seien
– die Freude dränge sie,
so der Papst weiter:

„Der Christ ist großherzig,

er darf kein Angsthase sein.

Es ist genau diese Großherzigkeit,
die uns den Atem gibt,
die uns die Kraft des Vorwärtsgehens gibt,
erfüllt mit Heiligem Geist.

Sie ist eine Gnade,
die wir vom Herrn erbitten müssen,
diese Freude.

Bitten wir den Herrn um diese Gnade,
dieses Geschenk des Heiligen Geistes:

Die christliche Freude,
weit weg
  von der Traurigkeit,
weit weg
  von der einfachen Fröhlichkeit,

sie ist etwas anderes.

Sie ist eine zu erbittende Gnade.“


[1] Der folgende Text stammt von der Webseite http://de.radiovaticana.va/news/2013/05/1/mit_freude,_nicht_mit_sauren_gesichtern:_die_papstpredigt_vom_freitag/ted-690763 des Internetauftritts von Radio Vatikan

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Ist denn Christus zerteilt?

Liebe Mitchristen!
Liebe Brüder, liebe Schwestern!

„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)

Diese Frage
wirft Paulus heute den Christen von Korinth vor
und auch uns,
den Christen von heute,
den Christen von Waldram
(der Seminargemeinschaft im Spätberufenenseminar St. Matthias)
stellt er heute diese Frage:

„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)

Was war in Korinth geschehen?

Es hatte offensichtlich
verschiedene theologische
und höchstwahrscheinlich vor allem menschliche
Auseinandersetzungen unter den Christen,
innerhalb der kleinen Christengemeinde, gegeben.

Paulus hatte erfahren,
dass es „Zank und Streit“
gegeben hat (vgl. 1 Kor 1,11).

„Ich halte zu Paulus
– ich zu Apollos
– ich zu Kephas
– ich zu Christus!“ (1 Kor 1,12)

„Ich liege mit meiner Ansicht selbstverständlich richtig.
Wenn Du etwas anderes glaubst, liegst Du aber falsch!“

„Wenn Du glaubst,
was der da sagt,
dann bist Du nicht mehr richtig…“

– Wir kennen das…

Und eben diesen Christen in Korinth stellt Paulus die ernste Frage:

„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)

Und auch uns, den Christen heute,
uns Christen in Wolfratshausen (im Seminar in Waldram)
stellt Paulus diese Frage.

„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)

Es ist klar,
dass es sich um eine rhetorische Frage handeln muss.

Christus kann man nicht zerteilen!

Doch offensichtlich gibt es Zustände und Menschen,
die das tun.

Immer da, wo unter Christen Spaltung entsteht,
wird Christus zerteilt.

Wo sich Gläubige
– aus welchem Grund auch immer –
voneinander entfernen,
zerteilen sie Christus.

Wenn ein Einzelner
oder eine Gruppe innerhalb der Kirche,
 – oder innerhalb der christlichen Gemeinschaft –
sich absondert,
ein eigenes Süppchen kocht,
dann zerteilen diese Leute Christus.

Bereits Augustinus hatte den gläubigen Christen gesagt,
dass sie ein Leib, der Leib Christi sind:

Er schrieb nämlich über die Eucharistie:

„Wer ist dieses eine Brot?
Die Vielen, die der eine Leib sind.
Seid, was ihr seht,
und empfangt, was ihr seid!“ (Sermo 272)

In seiner Enzyklika „Mystici corporis“ (über den mystischen Leib Christi)
betonte kein geringerer als Papst Pius XII.
deutlich,
dass sich die Kirche als ein Leib,
als der Leib Christi versteht.

Und auch das Zweite Vatikanische Konzil spricht davon ausführlich
vor allem in der dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“
(über die Kirche in der Welt von heute).

Die Kirche, ist nicht nur ein Verein.

Die gläubigen Christen bilden einen Leib.

Dieser Leib ist eine Einheit.

Und jeder Christ ist ein Glied an ihm (vgl. 1 Kor 12,27).

Mit unserer Einheit stellen wir Christen in der Welt Christus dar.

Wie glaubwürdig und anziehend dann Uneinheit,
Streit und Spaltung sind,
liegt auf der Hand.

So, wie wir Christen miteinander umgehen,
zeigen sie den Nichtchristen  Christus.

Jeder Einzelne Christ,
jeder der zu unserer Christengemeinschaft gehört,
trägt Verantwortung für unsere Einheit,
kann sie befördern oder zerstören.

Jesus Christus selbst bittet inständig um die Einheit unter seinen Jüngern,
„damit die Welt glaubt“ (Joh 17,21).

Dass die Einheit unter den Jüngern nicht einfach so da ist,
dass es das ständige Ringen darum braucht,
das erfahren wir bereits von den Aposteln,
die sich stritten,
wer unter ihnen der größte sei. (vgl. Lk 22,24)

Und im Laufe der Kirchengeschichte,
bis zum heutigen Tag,
gab und gibt es unzählige Momente, Fragen und Gelegenheiten,
bei denen wir Christen uns
im Bezug auf unsere Einheit in Christus
nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben.

Da sind nicht nur die großen und kleinen Kirchenspaltungen zu nennen,
sondern auch die vielen kleinen
und nicht selten völlig überflüssigen
Zwistigkeiten und Auseinandersetzungen
unter uns.

Mit all dem
zerteilen wir Christus.

Ist das nicht eine Schande?

– Und was für einen Schande!

Christen, die Christus zerteilen.

Wie können wir das verhindern?

Was können wir tun,
um die Einheit unter uns Christen wieder herzustellen
oder sie wenigstens zu fördern?

Was sollen wir tun?

Es geht um die Einheit zwischen den Konfessionen,
genauso wie die Einheit in der Pfarrgemeinde,
im Seminar,
in der Familie.

Ich glaube,
dass das Erste und Wichtigste, was wir tun können und müssen, ist:

Uns alle immer wieder an Christus fest machen.

Das Bekenntnis zu IHM,
dem Mensch gewordenen Sohn Gottes,
der für uns gestorben und auferstanden ist,
und dem wir durch die Taufe verbunden sind,
und der uns alle zu Brüdern und Schwestern macht,
– das Bekenntnis zu Christus – ist das,
was uns mit allen Christen,
auch mit denen der anderen Konfessionen,
und mit dem der neben mir sitzt,
verbindet.

Das Zweite hängt damit zusammen:

Immer zuerst auf das schauen, was uns verbindet.

Mit allen anderen Christen verbindet uns
der Glaube an Christus,
die Taufe,
die Heilige Schrift,
der Auftrag einander zu lieben,
   und unseren Nächsten wie uns selbst
und hoffentlich der gute Wille,
   zur Einheit zu kommen.

Wenn wir zu erst auf das schauen, was uns verbindet
und all das miteinander tun,
was wir gemeinsam tun können,
dann ist schon ganz viel getan
und das Trennende
kann so besser überwunden werden.

Ein Drittes ist:
einander zu schätzen,
voneinander zu lernen
und aufeinander zu hören.

Daraus kann erwachsen,
dass wir aufeinander zugehen
und miteinander in Dialog treten,

anstatt uns voneinander abzuwenden,
an unseren Vorurteilen gegenüber Anderen festzuhalten
und an unserer eigenen Meinung zu kleben.

Schwestern und Brüder, liebe Mitchristen!

„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)

Wenn wir ihn durch unser Tun zerteilten,
dann machen wir uns ohne Zweifel an ihm schuldig.

Wenn aber die Kirche der Leib Christi ist,
dann dürfen wir nichts tun,
was diesen Leib Christi zerteilt und spaltet.

Wir müssen uns mit aller Kraft
und auf allen Ebenen
und mit allen Mitteln dafür einsetzen,
die Spaltungen,
die Zwistigkeiten,
Zank und Streitigkeiten zu überwinden.

„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)

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Was begeistert die Menschen an Papst Franziskus?

Liebe Schwestern und Brüder!

Ich habe mich schon oft gefragt,
was die Menschen an Papst Franziskus so begeistert.

Manche suchen die Antwort
im Vergleichen mit seinen Vorgängern.

Das ist nicht nur unfair,
sondern hilft auch nicht wirklich die Frage zu beantworten:
Was begeistert die Menschen ausgerechnet an Papst Franziskus?

Eine neue Botschaft verkündet er nicht.

Was er sagt,
– so sind manche bemüht, ständig zu erklären –
liegt voll in der Linie seiner Vorgänger.

Ja manchmal habe ich sogar den Eindruck,
dass er die Inhalte,
die die Kirche immer schon vorgestellt hat,
noch krasser ausdrückt.

Was begeistert also die Menschen an Papst Franziskus?

Eine Antwort auf diese Frage könnte sich zeigen,
wenn wir die Gestalt betrachten,
die heute im Mittelpunkt des Evangeliums steht:
Johannes der Täufer.

Mitten in der Wüste von Juda,
am Jordan,
steht dieser Mann und verkündet:
„Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“ (Mt 3,2)

Und den Pharisäern und Sadduzäern,
die zu ihm kommen,
wirft er an den Kopf:

„Ihr Schlangenbrut,
wer hat euch denn gelehrt,
dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt?

Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt,
und meint nicht, ihr könntet sagen:
Wir haben ja Abraham zum Vater.

Denn ich sage euch:
Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen.“ (Mt 3,7ff)

Johannes der Täufer ist also gewiss kein Schmeichler.

„Unter allen, die von einer Frau geboren wurden,
ist keiner größer als Johannes der Täufer.“ (Mt 11,11)

So wird Jesus später im Matthäusevangelium über ihn sagen.

Johannes der Täufer ist also ein echter
großer
Mann.

Was macht ihn denn zu einem echten
großen
Mann?

Er tut sich nicht zusammen mit denen,
die in seiner Zeit als die Großen gelten.

Er lebt nicht in einem Palast.

Vielmehr lebt er in der Wüste.
In einer Umgebung,
die ihm nicht immer wohl gesonnen ist.

Er lebt außerhalb der Gesellschaft (1).

Er scheint nicht angewiesen auf Streicheleinheiten,
darauf, anderen zu gefallen,
ein harmonisches Leben zu führen.

Er isst nicht die Speisen der Gesellschaft,
sondern Heuschrecken und wilden Honig,
die Nahrung der Ausgestoßenen,
der Randgruppen.

Er trägt nicht die gängige Mode,
wie sie in Jerusalem „in“ ist.

Sein Kleid ist aus Kamelhaar.

Johannes der Täufer ist,
wie es Pater Richard Rohr in seinem gleichnamigen Buch schreibt,
ein „wilder Mann“.

Kein Chauvinist,
kein Macho,
kein Draufgänger,
aber auch kein harmloser Softie,
keiner, der tut oder sagt,
was die Anderen gern hören wollen.

Sein Auftreten ist klar
und man spürt,
dass dieser Johannes der Täufer ein ECHTER Mann ist.

Er hat eine klare Botschaft,
die er ohne Abstriche verkündet.

Nicht er selbst oder seine Lebensweise ist die Botschaft,
sondern der Fingerzeig auf Jesus Christus hin.

Matthias Grünewald hat dies
in der Kreuzigungsgruppe auf den Isenheimer Altar
mit einem überdimensional großen Finger
deutlich sichtbar gemacht.

Mit diesem Finger
zeigt der Wilde Mann
Johannes der Täufer
auf den gekreuzigten Christus

Und dabei steht:
„dieser muss wachsen,
ich aber geringer werden“.

Johannes der Täufer ist der,
der als überzeugende und beeindruckende Gestalt,
als echtes Original,
von sich weg
auf Jesus Christus weißt.

Männer wie IHN braucht die Kirche.

Liebe Brüder und Schwestern!

Meine Anfangsfrage war:
Was begeistert die Menschen an Papst Franziskus?

Der Blick auf Johannes den Täufer
gibt mir die Antwort:

Es ist seine ganze Existenz.

Er ist ein GANZER Mann.

Ein ECHTER Mann.

Und genau diese Echtheit,
diese Originalität im besten Sinne,
sehen die Menschen auch bei Papst Franziskus.

Liebe Brüder!

Mir,
der ich als Mann in der Kirche arbeite
und der sich in die Nachfolge Christi stellen möchte
und der hier und heute zu Ihnen spricht,
zu ihnen,
die sie vielleicht auch überlegen, in die Nachfolge Christi zu treten,
stelle ich die Frage:

Ihnen und Mir:

Bist Du ein GANZER Mann?

Bist Du ein ECHTER Mann?

Dass die Dinge,
die ihnen vielleicht bei dieser Frage als erstes durch den Kopf schießen, nicht damit gemeint sind,
brauche ich nicht näher erläutern.

Aber es sei doch die Frage erlaubt,
die Herbert Grönemeyer in seinem bekannten Lied gestellt hat:
„Wann ist der Mann ein Mann?“

Und ich möchte Sie und mich noch weiter fragen:
Bist DU ein MANN?

Nicht ein Macho oder Feldwebel,
aber auch kein Muttersöhnchen oder Pantoffelheld.

Bist DU ein MANN?

Ein Mann,
der beherzt etwas anpackt,
auch wenn es nicht einfach wird?

Ein Mann,
der aufsteht,
auch wenn er mal keine Lust hat?

Ein Mann,
der sich aufmacht,
auch auf Unbekanntes hin?

Ein Mann,
der nicht nur die ersten Schritte macht,
sondern auch weiter geht, wenn es Gegenwind gibt?

Ein Mann,
der von sich weg
hin auf Christus zeigt?

Ein Mann,
der nicht schmeichlerisch den Leuten Honig ums Maul schmiert,
sondern der mutig zu dem steht,
was er geprüft und als seine Botschaft erkannt hat?

Kurzum:
Ich frage Sie und mich:

Bist DU ein MANN,
wie Johannes der Täufer?

Solche Männer sind es nämlich,
die begeistern
und die die Welt und die Kirche heute braucht.


(1) vgl. Richard Rohr, Der Wilde Mann, S.41ff

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Christlicher Glaube braucht Mund und Hände

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir stehen am Ende des Kirchenjahres.

Eines Jahres,
das in Erinnerung an die Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils
von Papst Benedikt XVI. zum „Jahr des Glaubens“ ausgerufen wurde.

Am 11. Oktober 2012  – 50 Jahre nach dem Beginn des II. Vatikanums –
hatte er es eröffnet.

Nun endet das Jahr des Glaubens.

Dieses Ende fällt zusammen
mit dem 20-jährigen Jubiläum
des Erscheinens des Katechismus der katholischen Kirche.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen,
mit Ihnen zusammen,
einige Überlegungen über unseren Glauben anzustellen.

Und versuchen, unseren Glauben zu verorten.

Es ist legitim, von „unserem“ Glauben zu sprechen,
denn unser christlicher Glaube ist keine Privatsache.

– Auch wenn das in der modernen Gesellschaft
gelegentlich so gesehen wird.

Zwei Stellen aus der Heiligen Schrift
möchte ich meiner Betrachtung zugrunde legen.

Die erste stammt aus dem Römerbrief.

Paulus schreibt da:
„Wenn du mit deinem Mund bekennst:
«Jesus ist der Herr»
und in deinem Herzen glaubst:
«Gott hat ihn von den Toten auferweckt»,
so wirst du gerettet werden.
Wer mit dem Herzen glaubt
und mit dem Mund bekennt,
wird Gerechtigkeit und Heil erlangen.“ (Röm 10,9f)

Glauben ist also zunächst eine Sache des Herzens.

Das Herz
ist für den Menschen in der Antike mehr
als nur das Organ, das unseren Kreislauf am Leben hält.

Das Herz ist der Ort,
an dem das zu finden ist,
was die Menschen eigentlich ausmacht.

Das Herz ist sozusagen
die Mitte der menschlichen Person.

Mit dem Herzen glauben heißt also zu allererst:
Jesus Christus in die Mitte meines Lebens stellen.

Mein ganzes Leben von Ihm ausfüllen lassen.

Dabei ist Jesus Christus nicht irgendeine historische Person,
eine beeindruckende Persönlichkeit,
sondern ein lebendiges Gegenüber.

Jesus Christus lebt.

Er,
der Auferstandene,
will und soll in meinem Leben die Mitte sein.

Und von meiner Mitte,
von meinem Herzen aus,
will Er in meinem ganzen Leben gegenwärtig sein.

Wenn wir also den Glauben in unserem Leib verorten wollen,
so ist der erste Ort unser Herz.

Doch der Satz im Römerbrief geht noch weiter:

„Wer mit dem Herzen glaubt
und mit dem Mund bekennt…“ (Röm 10,10)

Richtig verstandener Glaube
darf nicht im Herzen stecken bleiben,
sondern muss zum Mund gelangen.

Unser christlicher Glaube,
das, was uns von Herzen erfüllt,
will und muss verkündet werden.

Die Verkündigung des Glaubens geht nicht nur durch
den Lobpreis,
die Feier des Gottesdienstes,
die Predigt,
den Religionsunterricht…

Verkündigung des Glaubens geschieht vor allem
durch das Erzählen der eigenen Glaubenserfahrungen.

Nichts anderes hatten ja die Apostel
– vor allem Paulus und die Evangelisten –
mit ihren Schriften getan.

Und auch von uns heute
wird das Glaubenszeugnis,
das Bekenntnis zu unseren eigenen Glaubenserfahrungen
verlangt.

Gestern beim festlichen Gottesdienst mit dem Kardinal
zum Ende des Jahrs des Glaubens
haben sechs Gläubige ihre Erfahrungen
in verschiedenen Bereichen des Glaubens erzählt.
Das war neu.
Doch es war ein eindrückliches Zeugnis.

Ich gebe zu:
Unter uns Katholiken
ist das Erzählen eigener Glaubenserfahrungen,
– die immer auch intime Erfahrungen mit Gott sind –
noch etwas unterentwickelt.

Doch wir brauchen uns nicht zu scheuen,
miteinander unsere Erfahrungen im Glauben zu teilen.

Denn dadurch vermehren sie sich,
dadurch wird unser Glaube gestärkt.

Der zweite Ort also,
an dem wir unseren Glauben ansiedeln können,
ist unser Mund.

Mit ihm Christus zu verkünden
ist unsere Aufgabe.

Die zweite Bibelstelle,
die uns grundsätzliches über den Glauben sagen will,
steht im Jakobusbrief:

„Der Glaube für sich allein ist tot,
wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ (Jak 2,17)

Ein Glaube,
der nur im Herzen getragen ist,
der nur mit Worten verkündet wird,
ist doch kein lebendiger Glaube.

Unser Glaube muss zur Tat werden,
damit er lebendig wird.

So können wir als drittes
die Hände
als Ort des Glaubens bezeichnen.

Und in der Tat:
Wir Christen werden nicht an unseren Worten gemessen,
sondern an unseren Taten.

Das gilt nicht für die Öffentlichkeit,
die uns heute genau beobachtet,
sondern das gilt schon in dem,
was Jesus sagt,
wenn er die Kriterien vorstellt,
nach denen wir am Ende der Zeiten beurteilt werden. (vgl. Mt 25,31ff)

Unsere Hände sind der Ort,
an dem unser Glaube erfahrbar und greifbar wird.

Die Hände,
die wir einander reichen,
um uns miteinander zu versöhnen.

Die Hände,
mit denen wir einander Nähe und vielleicht sogar Zärtlichkeit vermitteln.

Die Hände,
mit denen wir das Brot teilen.

Die Hände,
mit denen wir unsere Arbeit tun
und so an der Schöpfung Gottes teilnehmen.

Die Hände,
mit denen wir segnen,
Menschen die Nähe Gottes erfahrbar machen.

Liebe Schwestern und Brüder.

Das Jahr des Glaubens geht zu Ende.

Es sollte uns wieder neu
die Bedeutung des Glaubens für unser Leben vor Augen führen.

Unser Christlicher Glaube ist nicht etwas Theoretisches
Kein Gedankengebäude
und keine Weltanschauung.

Vielmehr lässt er sich konkret festmachen:

in unseren Herzen,
in unserem Mund
und in unseren Händen.

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Leben heißt geben, nicht festhalten

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Sadduzäer sind schon arme Kerle!

Nicht nur weil sie nicht an das ewige Leben glauben.
Sondern vor allem,
weil sie so gefangen sind in ihren Lehrsätzen und toten Überlegungen,
dass Jesus ihnen entgegenhält:

„Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

Schauen wir uns zunächst die Sadduzäer etwas genauer an:
Zur Zeit Jesu waren sie
eine religiös und politisch recht bedeutende Gruppe unter den Juden.
Dennoch werden sie in den Evangelien nicht oft erwähnt.

Ihr Name „Sadduzäer“
„rührt von der priesterlichen Linie der Zadokiten (her),
die – bereits in davidischer Zeit erwähnt (2Sam 8,17 u.ö.) –
unter Salomon den Tempeldienst versahen (1Kön 1,32 u.ö.).“

Sie bildeten den Kern der Jerusalemer Priesterschaft
in der Zeit seit nach dem Exil in Babylon.

Dass sie im Neuen Testament so wenig erwähnt werden,
ist vielleicht auch dadurch zu erklären,
dass sie nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 nach Christus
völlig von der Bildfläche verschwanden.

Schließlich brauchte man ja nach der Zerstörung des Tempels
keine Tempelpriester mehr.

Wie das Evangelium auch sagt,
bestritten die Sadduzäer „die Auferstehung der Toten
und den Gedanken von Lohn und Strafe
in einem Leben nach dem Tod “.

Sie glaubten,
dass der Mensch schon in diesem Leben
Vergeltung empfange für seine Taten.

Darüber hinaus galt für Sie ausschließlich der Buchstabe der Thora.

Was da nicht ausdrücklich schriftlich aufgeführt war,
war für sie religiös allenfalls drittrangig.

Heute würde man sie als die „Konservativen“ bezeichnen.

Als Vertreter des Tempelkultes
und als geschickte Machtpolitiker,
die auch mit der römischen Staatsmacht eng zusammenarbeiteten,
waren sie neuen Gedanken gegenüber
alles andere als aufgeschlossen.

Die Sadduzäer verstanden sich
als die Wahrer der göttlichen Ordnung,
die im Tempelkult zum Ausdruck kam.

Allein der Kult im Jerusalemer Tempel garantierte
– so ihre Vorstellung -,
dass das gläubige Volk gerettet wird.

Neuerungen, wie sie auch Jesus predigte,
und die das Bestehende in Frage stellten,
hatten in ihren theologischen Auffassungen keinen Platz.

Im Gegenteil,
argwöhnisch betrachteten und bekämpften sie alles,
was ihre Stellung zu bedrohen schien.

Deshalb standen sie auch dem, was Jesus sagte und tat,
argwöhnisch gegenüber.

Und wenn wir die Kritik Jesu am Tempelkult
und an der Scheinheiligkeit
mancher offizieller Vertreter des Judentums bedenken,
können wir uns gut vorstellen,
dass die Sadduzäer einen wesentlichen Anteil
am Todesurteil gegen Jesus hatten,
auch wenn das in den Evangelien nicht eigens so erwähnt wird.

Und zu diesen Leute sagt Jesus:

„Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

Damit sagt ER:

Wer nur im Diesseits,
wer nur mit den Vorstellungen des Diesseits
lebt,
– ist der nicht eigentlich schon tot?

Wer die Welt,
wer das Leben,
wer auch Gott
nicht größer weiß als seine eigene Erkenntnis, 
– ist der nicht eigentlich schon tot?

Wer meint,
Gott und die Welt in Lehrsätzen auf Papier
fassen und einsperren zu können,
– ist der ein lebendiger Gläubiger, ein lebendiger Mensch?

Nein!

Der ist schon tot.

Jesus kritisiert
die Sadduzäer wegen ihrer Engstirnigkeit und Härte nicht nur.

Er wirft ihnen nicht nur
ihre dialektische und intellektuelle Hinterfotzigkeit vor.

Er bedauert sie.

Weil sie an einen Gott von Toten glauben,
ja weil sie selbst schon tot sind
und sich aus der Gemeinschaft
mit dem lebendigen Gott
und auch aus der Gemeinschaft mit den anderen lebendigen Menschen
herausgenommen haben.

Denn: „Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

Wer sich selbst am toten Buchstaben,
an der toten Vorschrift,
an leblosen Steinen,
an äußerlichem Kult festhält,
der verliert sein Leben.

Der ist selber schon tot.

Auch wenn er es noch nicht gemerkt hat.

„Doch selbst Ihr Sadduzäer
hättet auch die Chance lebendig zu sein
und eurem selbst gewählten Tod zu entrinnen.“

So könnte Jesus ihnen sagen.

Und in der Tat

Es gibt einen Weg, um diesem Tod zu entgehen.

Es gibt einen Weg, um sich vor diesem Tod zu schützen
und zum Leben zu kommen:

Ja, den gibt es!

Jesus selbst zeigt ihn auf:

„Wer sein Leben retten will, wird es verlieren;
wer aber sein Leben um meinetwillen
und um des Evangeliums willen verliert,
wird es retten.“ (Mk 8,35)

Wir kommen nicht zum Leben,
indem wir uns daran festklammern.

Wir kommen zum Leben,
wenn wir unser Leben geben,
indem wir das Leben geben für IHN und für das Evangelium.

Nicht nur indem wir Märtyrer werden.

Wir werden das Leben hier und in der Ewigkeit gewinnen,
wenn wir LIEBEN.

Der erste Johannesbrief sagt es deutlich:

„Wir wissen,
dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind,
weil wir die Brüder lieben.

Wer nicht liebt, bleibt im Tod.

Daran haben wir die Liebe erkannt,
dass Er sein Leben für uns hingegeben hat.

So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben.

(Und dann eine mögliche Konkretisierung:)

Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder verschließt,
den er in Not sieht,
wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben?

Meine Kinder,
wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben,
sondern in Tat und Wahrheit.“ (1 Joh 3,14.16ff)

Die Liebe,
die christlich verstandene
und tätig geübte Liebe ist es,
die uns aus der Gefahr des Todes,
den die Sadduzäer erleiden,
retten und befreien kann.

Das kann allerdings erst der erfahren,
der liebt!

Maßstab der Liebe ist kein geringerer als Jesus Christus selbst,
der damals zu den Sadduzäern
und heute auch zu uns sagt:

„Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

(Die Informationen und Zitate zu den Sadduzäern stammen auch aus http://www.perikopen.de/Lesejahr_C/32_iJ_C_Lk20_27-38_Jung.pdf)

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Der Tod gehört zum Leben

Einleitung zur Hl. Messe:

Lebe ich? Leben Sie?

Ich meine nicht,
ob unser Herz schlägt und wir essen, uns bewegen, arbeiten oder schlafen.

Ich meine, ob wir wirklich leben?

Ich meine auch nicht den philosophischen Gedanken,
ob wir überhaupt existieren.

Ich frage mich vielmehr:

LEBEN wir wirklich?

Was muss man denn tun, um wirklich zu LEBEN?

In der Lesung aus dem ersten Johannesbrief
werden wir dazu einen wichtigen Gedanken hören:

„Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben.

Wer nicht liebt, bleibt im Tod.

Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder und ihr wisst:

Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt.“ (1 Joh 3,14f)

Ob wir wirklich LEBEN entscheidet sich an der Frage,
ob wir LIEBEN.

Und so stelle ich mir und Ihnen, die wir hier und heute leben,
am Beginn dieses Gottesdienstes, die Frage:

Lebe ich? Leben Sie?

Und ich muss Mir und Ihnen damit die Frage stellen:

Habe ich geliebt? Haben Sie geliebt?
– unsere konkreten Mitmenschen?

Um wieder zum Leben zurückzukommen
bitten wir um Vergebung für alle Lieblosigkeit,
die von uns ausgegangen ist.

Lesung: 1 Joh 3,11.14-16.18
11 Das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt: Wir sollen einander lieben. 14 Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben. Wer nicht liebt, bleibt im Tod. 15 Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder und ihr wisst: Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt. 16 Daran haben wir die Liebe erkannt, dass Er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben. 18 Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit.

Evangelium: Mk 16,2-7 Mk 16:1
Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben. 2 Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. 3 Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? 4 Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß. 5 Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr. 6 Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. 7 Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.

Predigt:

Liebe Schwestern und Brüder!

Vom Tod zu sprechen
und an den Tod zu denken ist für viele Menschen heute ein Tabu.

In den kommenden Wochen
werden die Kirchen wieder vom Tod sprechen:

Die Katholische Kirche am Allerseelentag,
wenn viele Gläubige und auch Nichtgläubige
die Gräber ihrer Angehörigen besuchen
und ihrer Verstorbenen gedenken.

So wie die evangelischen Christen am Totensonntag,
dem letzten Sonntag im Kirchenjahr.

Und wir alle werden,
meist ungebeten,
an den Tod erinnert,
durch die Nachrichten,
durch Todesfälle im Verwandten- und Freundeskreis.

Und so unangenehm es uns selber scheinen mag:

Der Tod ist totsicher, sicherer als das Amen in der Kirche.

Noch kein Mensch
ist um den Tod herumgekommen.

Ich möchte heute zusammen mit Ihnen
einige Aspekte unseres christlichen Verständnisses vom Tod bedenken,
die mir für unser Leben von entscheidend prägender Bedeutung scheinen.

+ Der Tod ist allgegenwärtig

Gerade in dieser Jahreszeit
können wir auch in der Natur sehen,
dass der Tod allgegenwärtig ist.

Die Bäume verlieren ihre Blätter,
das Gras verliert sein Grün und stirbt ab.

Es gibt im ganzen Jahr keinen Tag,
an dem nicht Menschen sterben.

Und nicht wenige,
vor allem ältere Menschen,
werden unweigerlich mit der Frage nach dem eigenen Tod konfrontiert,

nicht zuletzt, wenn Menschen im eigenen Alter sterben:
Kollegen, Klassenkammeraden, Geschwister, Freunde

+ Der Tod ist allgegenwärtig

+ Der Tod gehört zum Leben

Offensichtlich gehört der Tod zum Leben dazu.

Auch wenn es uns nicht passt.

Aber alles körperliche Leben
geht von der Geburt an auf den unvermeidlichen Tod zu.

+ Der Tod gehört zum Leben
+ Der Tod führt auch zum Leben

Die Natur zeigt uns,
dass der Tod immer auch neues Leben ermöglicht:

Ein alter Baum stirbt ab,
ein Neuer kann an seiner Stelle wachsen.

Das Weizenkorn stirbt
und aus ihm wächst eine neu Pflanze.

Menschen sterben
und neue Generationen wachsen nach.

Wer über den Tod hinaus sieht,
der kann selbst sehen:

Der Tod führt zu neuem Leben.

Und ohne den Tod kann neues Leben nicht entstehen.

+ Der Tod führt auch zum Leben

+ Menschen scheuen den Tod

Obwohl dies einsichtig erscheint
und wir in der Natur diese Dinge beobachten können,
haben wir Scheu, vielleicht sogar Angst vor dem Tod.

Vor allem vor dem eigenen Tod
und dem Tod lieber Freunde und Angehöriger.

Ewig zu leben,
auf ewig beieinander zu sein mit Menschen, die wir lieben,
das ist nicht selten unsere Sehnsucht.

Doch es ist eine Sehnsucht,
die hier auf alle Fälle enttäuscht werden wird.

Die Scheu vor dem Tod bewahrt uns nicht vor dem Tod.

Und obwohl er uns alle erwartet,
versuchen wir es doch so wie der Brandner Kasper
mit dem Boandlkramer zu verhandeln
und vielleicht noch einmal dem Tod von der Schippe zu springen.

Aber auch das wird uns auf die Dauer nichts nützen.

Der christliche Glaube hat eine andere Botschaft:
Der Tod (genauer der leibliche Tod)
ist nur das Ende des irdischen Lebens.

Der leibliche Tod ist der Anfang eines neuen Lebens.

Der erste,
der uns in dieses neue Leben vorausgegangen ist,
ist Jesus Christus.

Er wer tot,
ermordet am Kreuz.

Doch Gott hat ihn von den Toten auferweckt
und er ist viele Tage hindurch denen erschienen,
die mit ihm gegangen waren. (vgl. Apg 13,30f)

Und nicht nur damals
vor beinahe 2000 Jahren
haben Menschen erfahren,
dass der getötete Jesus Christus lebendig ist.

Bis heute machen Menschen die Erfahrung,
dass Jesus Christus lebt.

Freilich anders als er damals, vor seinem Tod gelebt hat.

Sein Körper wurde ja getötet.

Doch er erschien leibhaftig,
das heißt sichtbar, anfassbar, ansprechbar, greifbar
den Menschen, die nach ihm gesucht haben.

Wir Christen glauben,
dass Christus in einem (wie man das nennt) „verklärten Leib“
auferstanden ist.

Einem Leib,
der zwar die Wunden, die man ihm beigebracht hat,
immer noch an sich hat,
der aber nicht mehr ein einengender,
an Raum und Zeit gebundener Körper ist.

Und ebenso wie seinen Sohn Jesus Christus,
will Gott auch uns
nach dem Tod unseres Körpers
mit verklärtem Leib zum neuen, ewigen Leben
erwecken.

Wie genau das geschieht,
kann ich ihnen nicht erklären,
aber ein Bild kann unserer Vorstellung ein wenig auf die Sprünge helfen:

Es ist nur ein Bild,
aber vielleicht doch hilfreich.

In der Natur beobachten wir,
wie eine Raupe stirbt.

Die Raupe hatte ein Leben,
doch ihr Tod bedeutet nicht nur das Ende ihres Daseins als Raupe.

Ihr Tod ist der Beginn ihres Lebens als Schmetterling.

Niemand der diese wunderbare Verwandlung beobachtet,
würde sich wünschen,
dass die Raupe für immer der kleine gefräßige Wurm bleiben soll.

Und keiner wird sagen,
dass man vor dem Ende der Raupe
„mit dem schlimmsten rechnen“ müsse.

Nach der Auferstehung Jesu
und den Erfahrungen mit dem lebendigen, auferstandenen Christus
ist es für Christen selbstverständlich,
dass nach dem Tod ihres Körpers
ein neues, unvergleichlich besseres,
ewiges Leben auf sie wartet.

Das zeigte sich auch in der Art,
wie die Christen mit ihren Verstorbenen umgegangen sind.

Bis heute glauben wir,
dass die Verstorbenen nicht einfach weg sind,
sondern dass wir mit ihnen durch die Tür des Todes hindurch
immer noch verbunden sind.

Und wenn sie ihre Toten
in den Katakomben und in Sarkophagen bestatteten,
dann schrieben sie auf die Grabsteine DEPositus – „abgelegt“.

So wie man in einem Lager etwas hinlegt,
um es an dem Tag,
an dem man es wieder benötigt,
einfach von dort wieder weg zu nehmen.

So legen die Christen ihre Verstorbenen ab,
die gewissermaßen schlafen
und aus diesem Schlaf am Jüngsten Tag wieder auferweckt werden.

Die entsprechenden archäologischen Beweise
können Sie in den frühchristlichen Begräbnisstätten finden.

Dass sie ihre Verstorbenen,
mit ihnen lebendig verbunden wussten,
brachten die frühen Christen auch dadurch zum Ausdruck,
dass sie,
vor allem am Jahrestag des Todes,
zum Grab des Verstorbenen gingen
und dort ein REFRIGERIUM, ein Mahl abhielten,
bei dem nicht nur die Lebenden etwas zu essen bekamen,
sondern auch mit den Verstorbenen Speisen und Getränke geteilt wurden.

Extra zu diesem Zweck hatte man Öffnungen in den Gräbern geschaffen.

Auch die können Sie heute noch sehen.

Und bis heute verbinden wir uns mit den Verstorbenen,
wenn wir im Gottesdienst an sie denken
und beispielsweise im Gedenken an unsere Verstorbenen
die Kommunion empfangen.

Die Kirche versteht sich als die Gemeinschaft aller Glaubenden,
als die Gemeinschaft von uns Lebenden zusammen mit denen,
die vor uns schon Christen waren
und uns ins ewige Leben vorausgegangen sind.

Wie wird das Leben nach dem Tod sein?

Wie müssen wir uns das Leben nach diesem Leben vorstellen?

Darüber lässt es sich trefflich spekulieren.

Die Christliche Theologie
liefert uns keine Beschreibung des ewigen Lebens.

Aber seit Anfang an ist die Vorstellung da,
im Licht zu sein,
bei Gott zu sein.

Um dieses Licht anzuzeigen
stellen wir die Osterkerze auf,
die ein Zeichen für den Auferstandenen, lebendigen Christus ist.

Die uns an die Auferstehung Jesu erinnert,
der als erster der Entschlafenen
uns dahin vorausgegangen ist,
wo auch wir hingehen werden.

Ich weiß nicht genau,
was von den verschiedenen Berichten von Nahtoderfahrungen
zu halten ist.

Interessant ist für mich aber,
dass sehr viele von einem Licht sprechen
und all diese Berichte
das was nach der Tür des leiblichen Todes kommt,
positiv schildern.

Ehrlich gesagt bin ich schon sehr gespannt,
was da kommt.

Ich bin überzeugt,
wir werden es noch erleben.

Das ist zumindest die christliche Überzeugung.

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Mehr Freude über die Erlösung!

Liebe Schwestern und Brüder,

Welche Überschrift könnten wir dem Evangelium dieses Sonntags geben?

Was ist der verbindende Gedanke zwischen diesen drei Gleichnissen?

Dem Gleichnis vom verlorenen Schaf,
von der verlorenen Drachme
und vom verlorenen Sohn?

Allen drei Gleichnissen ist eines gemeinsam:

Die Freude.

„Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen
über einen einzigen Sünder, der umkehrt,
als über neunundneunzig Gerechte,
die es nicht nötig haben umzukehren.“ (Lk 15,7)

und

„Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude
über einen einzigen Sünder, der umkehrt.“ (Lk 15,10)

und

„Jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern;
denn dein Bruder war tot und lebt wieder;
er war verloren und ist wieder gefunden worden.“ (Lk 15,32)

Das Evangelium dieses Sonntags
stellt also die Freude über die Erlösung in den Mittelpunkt.

Der Evangelist Lukas beschreibt als Anlass
den Umgang Jesu mit den Randgestalten der jüdischen Gesellschaft,
mit den Zöllnern und Sünden,
die – wie es genau heißt – „um ihn waren, um ihn zu hören“

„Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten
sich darüber und sagten:
Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen.“ (Lk 15,2)

Ich stelle mir die Pharisäer und Schriftgelehrten vor:

Kluge, fromme Männer,
die sich an alle 248 Gebote und 365 Verbote der Thora
peinlich genau halten
und darüber hinaus
– wahrscheinlich noch peinlich genauer –
darauf achten,
dass auch alle anderen sich genau daran halten.

– Und wehe wenn nicht!

Ich stelle mir die Gesichter der Pharisäer und Schriftgelehrten vor,
empört, ja zornig über die Dreistigkeit Jesu.

„Einer der so etwas tut,
der sich mit Zöllnern und Sündern,
mit Randexistenzen,
Geächteten und Ausgestoßenen abgibt,
mit so einem werden wir aufräumen!“

„Den werden wir nicht nur ausschließen
– „Anatema sit“ –
ja wir werden ihn ausmerzen müssen!

Zu seinem eigenen Wohl! – versteht sich!“

Ich stelle mir die wütenden Gesichter vor,
die zu Menschen gehören, die vergessen haben,
dass sie an einen Gott glauben,
der die Menschen liebt.

Ich stelle mit der verzerrten Gesichter vor,
die zu Menschen gehören,
die nur noch auf die Glaubenswahrheiten schauen,
die sie selber in den Mittelpunkt stellen
und die vergessen haben,
dass Gottes Gebote
von ihm
aus Liebe gegeben wurden,

dass es eine Freude ist,
sich an Gottes Weisungen zu halten.

Vermutlich können sie schon lange nicht mehr beten

„Deinen Willen zu tun, mein Gott, macht mir Freude,
deine Weisung trag ich im Herzen.“ (Ps 40,9)

wie es im Psalm 40 heißt.

Schon allzu lange haben sie wohl vergessen,
dass das Buch der Psalmen mit den Worten beginnt:

„Wohl dem Mann, der … Freude hat an der Weisung des Herrn, …“ (Ps 1,1f)

Ich stelle mir die neidischen Gesichter vor,
hinter denen sie überlegen müssen,
wie sie diesen Jesus los werden können,
der ihre Traditionen so offensichtlich kritisiert
und damit auch noch so viele Menschen begeistert.

Freude an ihrem Glauben,
Freude darüber, dass sie von Gott nicht nur geschaffen,
sondern in sein besonders geliebtes Volk berufen wurden,
ist in ihren Gesichtern nicht zu sehen.

Schon gar nicht Freude darüber,
dass sich Gott allen Menschen zuwendet,
auch denen, die vom Rest der Gesellschaft, von ihren Mitmenschen
ausgegrenzt und verachtet werden.

Und gerade diese Freude,
die Freude über die Liebe und Barmherzigkeit Gottes,
ja die Freude über die Erlösung
steht im Mittepunkt des Evangeliums an diesem Sonntag.

Liebe Schwestern und Brüder,

hat nicht die Kirche dieses Evangelium ausgesucht,
um auch uns an die Freude über die Erlösung zu erinnern?

Es gibt auch unter uns Christen Menschen,
die vergessen,
dass ein wahrer Christ ein Mensch der Freude ist?

Doch – so sagte es Papst Franziskus bei einer Predigt –
„das sind keine Christen,
sie maskieren sich als Christen.

… sie haben keine Freude“.

Dabei haben wir Christen,
doch allen Grund zur Freude!

Gott hat uns als seine Kinder angenommen
und durch seinen Sohn Jesus Christus erlöst.

Wir dürfen glauben und erfahren,
dass Gott barmherzig ist und verzeiht.

Wir dürfen erleben,
dass er uns segnet und begleitet.

Wir dürfen erfahren,
dass er auf uns zu kommt,
ohne unsere Vorleistung abzuwarten.

Wir haben allen Grund zur Freude.

Und würden wir nicht glaubwürdiger sein,
wenn die Menschen diese Freude sehen könnten?

Hat nicht Friedrich Nietzsche recht mit seiner Bemerkung
„Erlöster müssten sie mir aussehen, die Christen,
damit ich an ihren Erlöser glaube“?

Auch Papst Franziskus hat das deutlich gemacht,
wenn er bei einer Begegnung mit Seminaristen und Novizen sagte:

„Wenn Du einen Seminaristen,
einen Priester, eine Schwester, einen Novizen
mit einem langen Gesicht siehst,
traurig,
als ob jemand eine pitschnasse Decke auf sie geworfen hätte,
eine von den richtig schweren…

Das zieht dich doch selber mit runter…

Da stimmt doch was nicht!

Ich bitte euch:
Niemals Schwestern und Priestern mit Sauergurkengesicht,
niemals!“

Und bei derselben Gelegenheit
zeigte der Papst einen Weg auf,
wie man zu einer echten christlichen Freude kommt:

„Die wahre Freude kommt nicht von den Dingen,
nicht vom Haben, nein!

Sie entsteht in der Begegnung,
in der Beziehung zu anderen,

im Spüren, dass man angenommen ist,

wenn man verstanden, geliebt und angenommen wird,

im Verstehen
und im Lieben.

Und das nicht aus irgendwelchen Interessen,
sondern weil der andere oder die andere eine Person ist.

Die Freude entsteht aus der Absichtslosigkeit einer Begegnung!

Wenn man sich sagen hört:
„Du bist für mich wichtig!“
– nicht unbedingt nur in Worten!: Das ist schön!

Und genau das hat uns Gott klar gemacht:

Wenn Gott euch ruft, spricht er.
“Du bist wichtig für mich, ich mag dich.
Ich zähle auf dich!“

Jesus sagt das zu jedem einzelnem von uns!

Genau hier entsteht Freude.

Die Freude über den Augenblick, da Jesus mich anschaut.

Das zu verstehen und zu spüren,
ist das Geheimnis unserer Freude.“

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Frohe Botschaft dieses Sonntags
will uns an diese Freude erinnern.

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