Liebe Schwestern und Brüder!

Die Sadduzäer sind schon arme Kerle!

Nicht nur weil sie nicht an das ewige Leben glauben.
Sondern vor allem,
weil sie so gefangen sind in ihren Lehrsätzen und toten Überlegungen,
dass Jesus ihnen entgegenhält:

„Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

Schauen wir uns zunächst die Sadduzäer etwas genauer an:
Zur Zeit Jesu waren sie
eine religiös und politisch recht bedeutende Gruppe unter den Juden.
Dennoch werden sie in den Evangelien nicht oft erwähnt.

Ihr Name „Sadduzäer“
„rührt von der priesterlichen Linie der Zadokiten (her),
die – bereits in davidischer Zeit erwähnt (2Sam 8,17 u.ö.) –
unter Salomon den Tempeldienst versahen (1Kön 1,32 u.ö.).“

Sie bildeten den Kern der Jerusalemer Priesterschaft
in der Zeit seit nach dem Exil in Babylon.

Dass sie im Neuen Testament so wenig erwähnt werden,
ist vielleicht auch dadurch zu erklären,
dass sie nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 nach Christus
völlig von der Bildfläche verschwanden.

Schließlich brauchte man ja nach der Zerstörung des Tempels
keine Tempelpriester mehr.

Wie das Evangelium auch sagt,
bestritten die Sadduzäer „die Auferstehung der Toten
und den Gedanken von Lohn und Strafe
in einem Leben nach dem Tod “.

Sie glaubten,
dass der Mensch schon in diesem Leben
Vergeltung empfange für seine Taten.

Darüber hinaus galt für Sie ausschließlich der Buchstabe der Thora.

Was da nicht ausdrücklich schriftlich aufgeführt war,
war für sie religiös allenfalls drittrangig.

Heute würde man sie als die „Konservativen“ bezeichnen.

Als Vertreter des Tempelkultes
und als geschickte Machtpolitiker,
die auch mit der römischen Staatsmacht eng zusammenarbeiteten,
waren sie neuen Gedanken gegenüber
alles andere als aufgeschlossen.

Die Sadduzäer verstanden sich
als die Wahrer der göttlichen Ordnung,
die im Tempelkult zum Ausdruck kam.

Allein der Kult im Jerusalemer Tempel garantierte
– so ihre Vorstellung -,
dass das gläubige Volk gerettet wird.

Neuerungen, wie sie auch Jesus predigte,
und die das Bestehende in Frage stellten,
hatten in ihren theologischen Auffassungen keinen Platz.

Im Gegenteil,
argwöhnisch betrachteten und bekämpften sie alles,
was ihre Stellung zu bedrohen schien.

Deshalb standen sie auch dem, was Jesus sagte und tat,
argwöhnisch gegenüber.

Und wenn wir die Kritik Jesu am Tempelkult
und an der Scheinheiligkeit
mancher offizieller Vertreter des Judentums bedenken,
können wir uns gut vorstellen,
dass die Sadduzäer einen wesentlichen Anteil
am Todesurteil gegen Jesus hatten,
auch wenn das in den Evangelien nicht eigens so erwähnt wird.

Und zu diesen Leute sagt Jesus:

„Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

Damit sagt ER:

Wer nur im Diesseits,
wer nur mit den Vorstellungen des Diesseits
lebt,
– ist der nicht eigentlich schon tot?

Wer die Welt,
wer das Leben,
wer auch Gott
nicht größer weiß als seine eigene Erkenntnis, 
– ist der nicht eigentlich schon tot?

Wer meint,
Gott und die Welt in Lehrsätzen auf Papier
fassen und einsperren zu können,
– ist der ein lebendiger Gläubiger, ein lebendiger Mensch?

Nein!

Der ist schon tot.

Jesus kritisiert
die Sadduzäer wegen ihrer Engstirnigkeit und Härte nicht nur.

Er wirft ihnen nicht nur
ihre dialektische und intellektuelle Hinterfotzigkeit vor.

Er bedauert sie.

Weil sie an einen Gott von Toten glauben,
ja weil sie selbst schon tot sind
und sich aus der Gemeinschaft
mit dem lebendigen Gott
und auch aus der Gemeinschaft mit den anderen lebendigen Menschen
herausgenommen haben.

Denn: „Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

Wer sich selbst am toten Buchstaben,
an der toten Vorschrift,
an leblosen Steinen,
an äußerlichem Kult festhält,
der verliert sein Leben.

Der ist selber schon tot.

Auch wenn er es noch nicht gemerkt hat.

„Doch selbst Ihr Sadduzäer
hättet auch die Chance lebendig zu sein
und eurem selbst gewählten Tod zu entrinnen.“

So könnte Jesus ihnen sagen.

Und in der Tat

Es gibt einen Weg, um diesem Tod zu entgehen.

Es gibt einen Weg, um sich vor diesem Tod zu schützen
und zum Leben zu kommen:

Ja, den gibt es!

Jesus selbst zeigt ihn auf:

„Wer sein Leben retten will, wird es verlieren;
wer aber sein Leben um meinetwillen
und um des Evangeliums willen verliert,
wird es retten.“ (Mk 8,35)

Wir kommen nicht zum Leben,
indem wir uns daran festklammern.

Wir kommen zum Leben,
wenn wir unser Leben geben,
indem wir das Leben geben für IHN und für das Evangelium.

Nicht nur indem wir Märtyrer werden.

Wir werden das Leben hier und in der Ewigkeit gewinnen,
wenn wir LIEBEN.

Der erste Johannesbrief sagt es deutlich:

„Wir wissen,
dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind,
weil wir die Brüder lieben.

Wer nicht liebt, bleibt im Tod.

Daran haben wir die Liebe erkannt,
dass Er sein Leben für uns hingegeben hat.

So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben.

(Und dann eine mögliche Konkretisierung:)

Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder verschließt,
den er in Not sieht,
wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben?

Meine Kinder,
wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben,
sondern in Tat und Wahrheit.“ (1 Joh 3,14.16ff)

Die Liebe,
die christlich verstandene
und tätig geübte Liebe ist es,
die uns aus der Gefahr des Todes,
den die Sadduzäer erleiden,
retten und befreien kann.

Das kann allerdings erst der erfahren,
der liebt!

Maßstab der Liebe ist kein geringerer als Jesus Christus selbst,
der damals zu den Sadduzäern
und heute auch zu uns sagt:

„Gott ist doch kein Gott von Toten,
sondern von Lebenden;
denn für ihn sind alle lebendig.“ (Lk 20,38)

(Die Informationen und Zitate zu den Sadduzäern stammen auch aus http://www.perikopen.de/Lesejahr_C/32_iJ_C_Lk20_27-38_Jung.pdf)