Liebe Schwestern und Brüder!

Wir stehen am Ende des Kirchenjahres.

Eines Jahres,
das in Erinnerung an die Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils
von Papst Benedikt XVI. zum „Jahr des Glaubens“ ausgerufen wurde.

Am 11. Oktober 2012  – 50 Jahre nach dem Beginn des II. Vatikanums –
hatte er es eröffnet.

Nun endet das Jahr des Glaubens.

Dieses Ende fällt zusammen
mit dem 20-jährigen Jubiläum
des Erscheinens des Katechismus der katholischen Kirche.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen,
mit Ihnen zusammen,
einige Überlegungen über unseren Glauben anzustellen.

Und versuchen, unseren Glauben zu verorten.

Es ist legitim, von „unserem“ Glauben zu sprechen,
denn unser christlicher Glaube ist keine Privatsache.

– Auch wenn das in der modernen Gesellschaft
gelegentlich so gesehen wird.

Zwei Stellen aus der Heiligen Schrift
möchte ich meiner Betrachtung zugrunde legen.

Die erste stammt aus dem Römerbrief.

Paulus schreibt da:
„Wenn du mit deinem Mund bekennst:
«Jesus ist der Herr»
und in deinem Herzen glaubst:
«Gott hat ihn von den Toten auferweckt»,
so wirst du gerettet werden.
Wer mit dem Herzen glaubt
und mit dem Mund bekennt,
wird Gerechtigkeit und Heil erlangen.“ (Röm 10,9f)

Glauben ist also zunächst eine Sache des Herzens.

Das Herz
ist für den Menschen in der Antike mehr
als nur das Organ, das unseren Kreislauf am Leben hält.

Das Herz ist der Ort,
an dem das zu finden ist,
was die Menschen eigentlich ausmacht.

Das Herz ist sozusagen
die Mitte der menschlichen Person.

Mit dem Herzen glauben heißt also zu allererst:
Jesus Christus in die Mitte meines Lebens stellen.

Mein ganzes Leben von Ihm ausfüllen lassen.

Dabei ist Jesus Christus nicht irgendeine historische Person,
eine beeindruckende Persönlichkeit,
sondern ein lebendiges Gegenüber.

Jesus Christus lebt.

Er,
der Auferstandene,
will und soll in meinem Leben die Mitte sein.

Und von meiner Mitte,
von meinem Herzen aus,
will Er in meinem ganzen Leben gegenwärtig sein.

Wenn wir also den Glauben in unserem Leib verorten wollen,
so ist der erste Ort unser Herz.

Doch der Satz im Römerbrief geht noch weiter:

„Wer mit dem Herzen glaubt
und mit dem Mund bekennt…“ (Röm 10,10)

Richtig verstandener Glaube
darf nicht im Herzen stecken bleiben,
sondern muss zum Mund gelangen.

Unser christlicher Glaube,
das, was uns von Herzen erfüllt,
will und muss verkündet werden.

Die Verkündigung des Glaubens geht nicht nur durch
den Lobpreis,
die Feier des Gottesdienstes,
die Predigt,
den Religionsunterricht…

Verkündigung des Glaubens geschieht vor allem
durch das Erzählen der eigenen Glaubenserfahrungen.

Nichts anderes hatten ja die Apostel
– vor allem Paulus und die Evangelisten –
mit ihren Schriften getan.

Und auch von uns heute
wird das Glaubenszeugnis,
das Bekenntnis zu unseren eigenen Glaubenserfahrungen
verlangt.

Gestern beim festlichen Gottesdienst mit dem Kardinal
zum Ende des Jahrs des Glaubens
haben sechs Gläubige ihre Erfahrungen
in verschiedenen Bereichen des Glaubens erzählt.
Das war neu.
Doch es war ein eindrückliches Zeugnis.

Ich gebe zu:
Unter uns Katholiken
ist das Erzählen eigener Glaubenserfahrungen,
– die immer auch intime Erfahrungen mit Gott sind –
noch etwas unterentwickelt.

Doch wir brauchen uns nicht zu scheuen,
miteinander unsere Erfahrungen im Glauben zu teilen.

Denn dadurch vermehren sie sich,
dadurch wird unser Glaube gestärkt.

Der zweite Ort also,
an dem wir unseren Glauben ansiedeln können,
ist unser Mund.

Mit ihm Christus zu verkünden
ist unsere Aufgabe.

Die zweite Bibelstelle,
die uns grundsätzliches über den Glauben sagen will,
steht im Jakobusbrief:

„Der Glaube für sich allein ist tot,
wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ (Jak 2,17)

Ein Glaube,
der nur im Herzen getragen ist,
der nur mit Worten verkündet wird,
ist doch kein lebendiger Glaube.

Unser Glaube muss zur Tat werden,
damit er lebendig wird.

So können wir als drittes
die Hände
als Ort des Glaubens bezeichnen.

Und in der Tat:
Wir Christen werden nicht an unseren Worten gemessen,
sondern an unseren Taten.

Das gilt nicht für die Öffentlichkeit,
die uns heute genau beobachtet,
sondern das gilt schon in dem,
was Jesus sagt,
wenn er die Kriterien vorstellt,
nach denen wir am Ende der Zeiten beurteilt werden. (vgl. Mt 25,31ff)

Unsere Hände sind der Ort,
an dem unser Glaube erfahrbar und greifbar wird.

Die Hände,
die wir einander reichen,
um uns miteinander zu versöhnen.

Die Hände,
mit denen wir einander Nähe und vielleicht sogar Zärtlichkeit vermitteln.

Die Hände,
mit denen wir das Brot teilen.

Die Hände,
mit denen wir unsere Arbeit tun
und so an der Schöpfung Gottes teilnehmen.

Die Hände,
mit denen wir segnen,
Menschen die Nähe Gottes erfahrbar machen.

Liebe Schwestern und Brüder.

Das Jahr des Glaubens geht zu Ende.

Es sollte uns wieder neu
die Bedeutung des Glaubens für unser Leben vor Augen führen.

Unser Christlicher Glaube ist nicht etwas Theoretisches
Kein Gedankengebäude
und keine Weltanschauung.

Vielmehr lässt er sich konkret festmachen:

in unseren Herzen,
in unserem Mund
und in unseren Händen.