Liebe Schwestern und Brüder!
„Fasten“
Mit diesem Wort
überschrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung
am vergangenen Donnerstag ihr Titelbild.
Das Bild zeigt eine Stewardess,
die – wie am Beginn jedes Fluges –
den Passagieren den Gebrauch des Sicherheitsgurtes vorführt.
Und unter dem Bild
wird das „fasten“
durch „your seatbelts!“
ergänzt.
„fasten your seatbelts!“
So lautet die Anweisung der Stewardess
im Flugzeug
und auch im Auto gilt Anschnallpflicht.
„fasten your seatbelts!“
„Verehrte Fluggäste!
Da jederzeit Turbulenzen auftreten können,
sind Sie verpflichtet,
sich anzuschnallen,
sobald Sie Ihren Sitzplatz eingenommen haben.“
In der Tat kann Nicht-Anschnallen gefährliche Folgen haben.
Und nach der Landung ertönt aus den Lautsprechern:
„Wir bitten Sie,
angeschnallt sitzenzubleiben,
bis die Maschine ihre Parkposition erreicht hat
und die Anschnallzeichen über Ihnen erloschen sind.“
Auch wenn viele Fluggäste ihre Gurte vorzeitig lösen,
zur eigenen Sicherheit ist es tatsächlich nicht zu empfehlen,
dieser Bitte nicht zu folgen.
Sogar in Reisebussen
muss man sich seit einigen Jahren anschnallen.
Gurtmuffel müssen eine Strafe bezahlen,
wenn sie erwischt werden.
Und im Falle eines Unfalls
kann das nicht angeschnallt sein
sogar das Leben kosten.
„fasten your seatbelts!“
Nun bin ich zwar kein Anglist,
aber das „fasten“ in „fasten your seatbelts“ und das Fasten,
zu dem wir Christen in dieser Zeit eingeladen sind,
ist dasselbe Wort.
Worum es beim Fasten geht,
das kann uns die Anweisung im Flugzeug verstehen helfen:
Auch wenn das Anschnallen die Bewegungsfreiheit deutlich einschränkt;
wir schnallen uns an,
damit es uns im Extremfall nicht herumhaut
und wir nicht zu Schaden kommen.
– Es können wirklich jederzeit Turbulenzen auftreten –
Der Gurt hält uns im Sitz fest,
auch wenn wir selber uns mit eigener Kraft nicht halten können.
Einen Gurt,
der sich erst anlegt, wenn er wirklich gebraucht wird,
gibt es nicht.
Vielmehr ist es nötig, während der gesamten Reise,
angeschnallt zu sein,
denn wir wissen ja nicht,
wann wir den festen Halt wirklich nötig haben.
Nur das eine wissen wir:
Wir brauchen den festen Halt.
– bei Turbulenzen wird das spürbar –
Im Flieger und im Auto bietet uns der Sitz den festen Halt.
Er lässt uns anlehnen.
Und egal, ob wir während es Fluges lesen, arbeiten oder schlafen,
der Sitz hat uns – im positivsten Sinne – „in der Hand“.
Was bei der Reise gilt,
gilt auch im übrigen Leben:
Wir brauchen Halt.
Sicherheit.
die Gewissheit,
dass wir nicht ins Bodenlose
oder gar ins Nichts fallen.
Was gibt uns diesen Halt?
Wer hat uns – im positiven Sinne – „in der Hand“?
Sicher gibt es da Menschen,
die versuchen, uns Halt zu geben:
Eltern und Geschwister,
Freunde,
Kollegen,
vielleicht sogar Vorgesetzte.
Als Christ ist mir klar:
Einen gibt es,
der mir immer Halt bietet:
GOTT.
Er,
der mich geschaffen hat,
der mich unendlich liebt,
der meine Stärken und meine Schwächen kennt,
der mich trotz meiner Fehler nicht fallen lässt
und – im positivsten Sinn – „in der Hand“ hält.
Dieser GOTT ist meine Stärke.
ER will und kann mein Halt sein,
auch wenn es Turbulenzen gibt.
Wenn ich mich an ihm festhalte,
dann wird es im Leben dennoch zu Turbulenzen
– ja zu Unfällen –
kommen.
Aber ich werde nicht ins Bodenlose stürzen
und mir nicht das Genick brechen,
wenn ich mich an IHM festmache.
Weil mir Gott aber nicht Fesseln anlegt,
sondern die Freiheit lässt,
weil er mich nicht in seine Arme zwingt,
deshalb bin ich gefragt,
mich an IHM festzumachen.
Ich gebe zu,
ich versäume das auch ab und zu.
Und gelegentlich meine ich auch,
selbst Herr der Lage
– vielleicht sogar ein Held –
zu sein.
Aber nicht selten
– so muss ich auch zugeben –
bin ich dabei schon gescheitert,
auf die Nase gefallen
und habe mir
– geistlich und vielleicht auch menschlich –
blaue Flecken geholt.
Ich kann Ihnen ehrlich sagen:
GOTT hat mich da noch nie enttäuscht.
Vielmehr habe ich schon oft die Erfahrung gemacht,
dass ER mir Halt,
Zuversicht,
Freude und Frieden gegeben hat,
wenn ich mich an ihm fest mache.
Freilich hat er mich auch nicht vom Stuhl geschupst,
wenn ich mich selber in den Mittepunkt gerückt habe,
aber leichter,
entspannter,
erfolgversprechender ist es,
mich an IHM fest zu machen.
Genau das ist der Zweck der christlichen Fastenzeit:
Mich an IHM, MICH an GOTT festmachen.
Die christliche Fastenzeit ist nicht die Zeit
des Gürtel-enger-Schnallens.
Nicht die Zeit,
in der ich mir und anderen beweise,
zu welchen heroischen Taten ich in der Lage bin.
Und schon gar nicht ist die Fastenzeit die Zeit,
in der ich mir Opfer auferlege,
die niemandem nützen.
Vielmehr bietet sich die Fastenzeit als eine Zeit an,
zum Einüben in das Mich-an-IHM-Festmachen.
Das will und muss nämlich eingeübt werden.
So wie ein Sportler die geforderte Leistung
auch nur mit Übung erbringen kann,
so wie das Anlegen des Sicherheitsgurtes
zur guten Gewohnheit werden muss,
so ist auch das Mich-an-IHM-Festmachen
einzuüben.
Es ist nicht ein einmaliger Akt,
sondern muss für den Christen
zur selbstverständlichen Gewohnheit werden.
Nun werden Sie sich vielleicht fragen:
Wie geht denn das?
– Mich an Gott festmachen?
Das kann sehr unterschiedlich aussehen.
Zuerst muss ich mich fragen:
Woran halte ich mich fest?
und gibt mir das wirklich die dauerhafte Sicherheit,
den festen Halt,
den ich brauche?
Da komme ich
– in meinem Leben zumindest –
auf viele Dinge,
die mir falsche Sicherheit vorgaukeln,
die mir den Eindruck vermitteln,
bei ihnen geborgen und gut aufgehoben zu sein,
die mich aber in Wirklichkeit abhängig und unfrei machen.
Genau besehen täusche ich mich mit diesen Dingen:
Ich vertraue auf die Technik,
auf mein Gefühl,
auf mein Geld,
ich lasse mich halten von meinen Phantasien,
dem, was ich als meine Bedürfnisse zu haben meine.
Aber echten,
letztlichen Halt?
…
den kann mir nur GOTT geben.
Wie kann ich mich an IHM festmachen?
Ich versuche es damit,
mir eine bewusste Zeit zum Gespräch mit IHM zu nehmen.
Bei diesen „Gesprächen“
muss ich gar nicht viele Worte machen.
Um mich Gott anvertrauen zu können,
muss ich eine Beziehung mit IHM haben.
Und mein Leben in der Beziehung mit IHM erkennen.
So will ich versuchen,
nicht nur am Beginn des Tages bewusst zu sagen:
„Mit Dir will ich den Tag beginnen!“
Sondern auch
am Ende des Tages,
die Ereignisse und Erlebnisse dieses Tages
noch einmal Revuepassieren zu lassen
und in ihnen zu entdecken,
dass ER – GOTT hier am Werke war.
Ich bin mir sicher,
dass ich genügend Gelegenheiten erleben werde,
bei denen ER mich
– meist im Nachhinein verstehbar –
gehalten hat.
Gespräch mit Gott – Gebet – ist das eine,
wozu uns die Fastenzeit einlädt.
Ein Zweites kennzeichnet daneben ein christliches Fasten:
Werke der Liebe tun.
Und auch da gibt es die verschiedensten Möglichkeiten:
Etwas für andere tun,
unabhängig von Sympathie,
sondern aus christlich verstandener Liebe.
Das befreit mich nicht nur von Selbstbezogenheit,
es hilft auch mit,
die Welt um mich herum zum Besseren zu verändern.
„fasten your seatbelts!“
Liebe Schwestern und Brüder!
Ich wünsche uns – Ihnen und mir – eine gute Fastenzeit,
in der es uns gelingt,
UNS an IHM – an GOTT – festzumachen.
Durch Weglassen der Dinge,
die uns falschen Halt vorgaukeln.
Durch eine Neubelebung
und Intensivierung unserer Beziehung mit Gott.
Und durch Taten der Liebe,
die die Welt um uns herum zu verbessern helfen.
In diesem Sinne:
eine gesegnete Fastenzeit.