Der Schulkreuzweg am Gymnasium und Kolleg St. Matthias hat Tradition: Am letzten Donnerstag vor den Osterferien versammelt sich die Schul- und Seminarfamilie, um dem Leiden und Sterben Jesu Christi zu gedenken. Heuer machte die Veranstaltung ihrem Namen alle Ehre – lag doch im Eingangsbereich ein großes, massives Eichenkreuz.
„Dieses Kreuz, von unserem Hausmeister Leonhard Hohenadl gefertigt, wird heute am Radlweg an der B11 aufgestellt“, sagte Seminardirektor Martin Schnirch. Vor 50 Jahren wurde an der Stelle, wo Seminarpräfekt Johannes Hecht im Alter von 41 Jahren mit seinem Auto tödlich verunglückte, von seinen treuen Gläubigen im Seminar sowie in der italienischen Gemeinde in Geretsried ein Wegkreuz errichtet, an dem der Zahn der Zeit gewaltig nagte.
Hecht (Jahrgang 1920) wurde 1950 zum Priester geweiht, war von 1951 an Präfekt in Fürstenried und zog 1957 mit dem Seminar St. Matthias nach Waldram um, wo er bis 1961 Präfekt blieb. Danach wurde er Spiritual im Kloster Mallersdorf bei Regensburg, blieb aber der italienischsprachigen Gemeinde in Geretsried treu. Dort feierte er am 5. November 1961 Gottesdienst, auf der Rückfahrt verunglückte er – ein Jahr später stand das Kreuz.
Im Beisein seines 17 Jahre jüngeren Bruders Konrad Hecht sowie der ‚alten‘ Lehrer Gerhard Geiserich und Hermann Reichenbach, die Präfekt Hecht noch kannten, sowie Winfried Weinert und Rudolf Baumgartl wurde das Kreuz gesegnet. Seminardirektor Schnirch: „Jeder kennt Not und Sünde, Krankheit und Kreuz. Unsere Kreuze sind vielgestaltig: Manche wenig öffentlich und für die Außenstehenden nicht zu sehen; manche sind so groß, dass sie viele, vielleicht sogar alle betreffen.“
Schüler, Lehrer, Hausangestellte und Gäste hatten zuvor ihre Vornamen auf ein großes Tuch geschrieben, stellvertretend für das individuelle Kreuz, das jeder zu tragen hat. Dann erklangen Namen von Orten – darunter Auschwitz, Fukushima, München 1972, Toulouse, New York 9/11, Homs, Kundus, Bagdad, Oslo und Winnenden. Beim Kyrie sprengten eine Schülerin und ein Lehrer rote Farbe aufs Tuch – Symbol für Leid, Schmerz und Tod. Danach wurde das Kreuz mit Chrisam gesegnet, das Tuch zusammengerafft, über das Kreuz gelegt und auf ein Gefährt gehievt.
Auf dem Weg durch Waldram Richtung B11 wurde die Passion vorgetragen. Am Weg Richtung Geretsried wurde das Kreuz aufgestellt und zu den Worten des Apostels Johannes das Tuch darüber geschlungen: „Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“ Mit einem „Vater unser‘“ und dem Segen ging es zurück in Seminar und Schule.
Dieter Klug
Quelle: Isar-Loisachbote, Nr. 79, 03.04.2012, Lokales S. 3
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