Waldram. Wie würden Sie Christus darstellen? Als bärtigen Mit-Dreißiger mit langen Haaren und Bart? Oder eher als Lamm? Oder vielleicht doch in der klassischen Kreuzform? Darüber haben sich zwölf Schülerinnen und Schüler am Kolleg des Erzbischöflichen Spätberufenseminars in Waldram (Dekanat Wolfratshausen) die vergangenen anderthalb Jahre Gedanken gemacht. In ihrem P-Seminar „Christus darstellen“ sollten sie in einem vorgegebenen Rahmen von 50 auf 70 Zentimeter ihre eigene Vorstellung von Jesus künstlerisch umsetzen.
Sohie Leutensdorfer hielt sich bei ihren Überlegungen an die klassische Kreuzform. Der dunkle Holzrahmen des Kreuzes soll das Leid und die Sünde in der Welt symbolisieren. Gefüllt ist der Rahmen mit blauem Glas, hinterlegt mit silberner Folie. „Blau ist die Farbe der Erlösung, und die silberne Folie schimmert recht hell, es strahlt direkt“, erklärt die 20-Jährige. Auch den hölzernen Christuskorpus hat sie selbst geschnitzt, „aber nicht leidend, sondern aufrecht und erhaben“.
An ein Kreuz hat Mathias Zellner auch erst gedacht, doch nach mehreren verworfenen Versuchen entschied er sich für die Darstellung der Emmaus-Szene: „Ich habe einfach bei den Kreuzen gespürt: Das ist nicht das, worum es letztendlich geht. Es geht darum zu zeigen, wo ist Jesus im Jetzt.“ Zellners Darstellung zeigt drei einander zugewandte, silberne Hände mit Brot – eine gebende und zwei nehmende. Die Wahl des Materials und der Verarbeitung fielen dem 24-Jährigen leicht: „Das Holzschnitzen, das kann ich halt.“

Bilder von Jugendlichen für Jugendliche
Auch Direktor Martin Schnirch hat seine Vorstellungen kreativ umgesetzt. Vor eine Bethlehemer Christusikone hat er eine bedruckte Plexiglasscheibe gesetzt. Darauf sind alphabetisch geordnet zahlreiche Schüler seiner Schule zu sehen. „Jeder von uns ist an einen bestimmten Platz gestellt, daran können wir nichts ändern. Das soll die alphabetische Platzierung symbolisieren“, erläutert Schnirch. Für ihn und die betreuenden Lehrer Maximilian Heisler und Simon Fritz ist die Ausstellung etwas ganz besonderes. „Ich glaube, da hat jeder ein Stück von sich selbst ans Kreuz gehängt“, sagt Heisler. Was er damit meint, wird bei der Betrachtung der 15 Werke klar: War die Themenstellung doch genau gleich, so sind durch die individuelle Herangehensweise von Grund auf verschiedene Werke entstanden. Sie beinhalten jedoch alle das, was Direktor Schnirch wichtig war: dass es Bilder von Jugendlichen für Jugendliche werden sollten. Bis Freitag, 30. März, sind die Kreuze noch im Eingangsbereich des Kollegs für die Öffentlichkeit ausgestellt. Danach sollen die Kunstwerke ihren Platz in den Klassenzimmern finden.
Benedikt Gradl

Quelle: Münchner Kirchenzeitung, Nr. 11, 11.03.2012, Seite 17