Liebe Mitchristen!
Liebe Brüder, liebe Schwestern!
„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)
Diese Frage
wirft Paulus heute den Christen von Korinth vor
und auch uns,
den Christen von heute,
den Christen von Waldram
(der Seminargemeinschaft im Spätberufenenseminar St. Matthias)
stellt er heute diese Frage:
„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)
Was war in Korinth geschehen?
Es hatte offensichtlich
verschiedene theologische
und höchstwahrscheinlich vor allem menschliche
Auseinandersetzungen unter den Christen,
innerhalb der kleinen Christengemeinde, gegeben.
Paulus hatte erfahren,
dass es „Zank und Streit“
gegeben hat (vgl. 1 Kor 1,11).
„Ich halte zu Paulus
– ich zu Apollos
– ich zu Kephas
– ich zu Christus!“ (1 Kor 1,12)
„Ich liege mit meiner Ansicht selbstverständlich richtig.
Wenn Du etwas anderes glaubst, liegst Du aber falsch!“
„Wenn Du glaubst,
was der da sagt,
dann bist Du nicht mehr richtig…“
– Wir kennen das…
Und eben diesen Christen in Korinth stellt Paulus die ernste Frage:
„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)
Und auch uns, den Christen heute,
uns Christen in Wolfratshausen (im Seminar in Waldram)
stellt Paulus diese Frage.
„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)
Es ist klar,
dass es sich um eine rhetorische Frage handeln muss.
Christus kann man nicht zerteilen!
Doch offensichtlich gibt es Zustände und Menschen,
die das tun.
Immer da, wo unter Christen Spaltung entsteht,
wird Christus zerteilt.
Wo sich Gläubige
– aus welchem Grund auch immer –
voneinander entfernen,
zerteilen sie Christus.
Wenn ein Einzelner
oder eine Gruppe innerhalb der Kirche,
– oder innerhalb der christlichen Gemeinschaft –
sich absondert,
ein eigenes Süppchen kocht,
dann zerteilen diese Leute Christus.
Bereits Augustinus hatte den gläubigen Christen gesagt,
dass sie ein Leib, der Leib Christi sind:
Er schrieb nämlich über die Eucharistie:
„Wer ist dieses eine Brot?
Die Vielen, die der eine Leib sind.
Seid, was ihr seht,
und empfangt, was ihr seid!“ (Sermo 272)
In seiner Enzyklika „Mystici corporis“ (über den mystischen Leib Christi)
betonte kein geringerer als Papst Pius XII.
deutlich,
dass sich die Kirche als ein Leib,
als der Leib Christi versteht.
Und auch das Zweite Vatikanische Konzil spricht davon ausführlich
vor allem in der dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“
(über die Kirche in der Welt von heute).
Die Kirche, ist nicht nur ein Verein.
Die gläubigen Christen bilden einen Leib.
Dieser Leib ist eine Einheit.
Und jeder Christ ist ein Glied an ihm (vgl. 1 Kor 12,27).
Mit unserer Einheit stellen wir Christen in der Welt Christus dar.
Wie glaubwürdig und anziehend dann Uneinheit,
Streit und Spaltung sind,
liegt auf der Hand.
So, wie wir Christen miteinander umgehen,
zeigen sie den Nichtchristen Christus.
Jeder Einzelne Christ,
jeder der zu unserer Christengemeinschaft gehört,
trägt Verantwortung für unsere Einheit,
kann sie befördern oder zerstören.
Jesus Christus selbst bittet inständig um die Einheit unter seinen Jüngern,
„damit die Welt glaubt“ (Joh 17,21).
Dass die Einheit unter den Jüngern nicht einfach so da ist,
dass es das ständige Ringen darum braucht,
das erfahren wir bereits von den Aposteln,
die sich stritten,
wer unter ihnen der größte sei. (vgl. Lk 22,24)
Und im Laufe der Kirchengeschichte,
bis zum heutigen Tag,
gab und gibt es unzählige Momente, Fragen und Gelegenheiten,
bei denen wir Christen uns
im Bezug auf unsere Einheit in Christus
nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben.
Da sind nicht nur die großen und kleinen Kirchenspaltungen zu nennen,
sondern auch die vielen kleinen
und nicht selten völlig überflüssigen
Zwistigkeiten und Auseinandersetzungen
unter uns.
Mit all dem
zerteilen wir Christus.
Ist das nicht eine Schande?
– Und was für einen Schande!
Christen, die Christus zerteilen.
Wie können wir das verhindern?
Was können wir tun,
um die Einheit unter uns Christen wieder herzustellen
oder sie wenigstens zu fördern?
Was sollen wir tun?
Es geht um die Einheit zwischen den Konfessionen,
genauso wie die Einheit in der Pfarrgemeinde,
im Seminar,
in der Familie.
Ich glaube,
dass das Erste und Wichtigste, was wir tun können und müssen, ist:
Uns alle immer wieder an Christus fest machen.
Das Bekenntnis zu IHM,
dem Mensch gewordenen Sohn Gottes,
der für uns gestorben und auferstanden ist,
und dem wir durch die Taufe verbunden sind,
und der uns alle zu Brüdern und Schwestern macht,
– das Bekenntnis zu Christus – ist das,
was uns mit allen Christen,
auch mit denen der anderen Konfessionen,
und mit dem der neben mir sitzt,
verbindet.
Das Zweite hängt damit zusammen:
Immer zuerst auf das schauen, was uns verbindet.
Mit allen anderen Christen verbindet uns
der Glaube an Christus,
die Taufe,
die Heilige Schrift,
der Auftrag einander zu lieben,
und unseren Nächsten wie uns selbst
und hoffentlich der gute Wille,
zur Einheit zu kommen.
Wenn wir zu erst auf das schauen, was uns verbindet
und all das miteinander tun,
was wir gemeinsam tun können,
dann ist schon ganz viel getan
und das Trennende
kann so besser überwunden werden.
Ein Drittes ist:
einander zu schätzen,
voneinander zu lernen
und aufeinander zu hören.
Daraus kann erwachsen,
dass wir aufeinander zugehen
und miteinander in Dialog treten,
anstatt uns voneinander abzuwenden,
an unseren Vorurteilen gegenüber Anderen festzuhalten
und an unserer eigenen Meinung zu kleben.
Schwestern und Brüder, liebe Mitchristen!
„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)
Wenn wir ihn durch unser Tun zerteilten,
dann machen wir uns ohne Zweifel an ihm schuldig.
Wenn aber die Kirche der Leib Christi ist,
dann dürfen wir nichts tun,
was diesen Leib Christi zerteilt und spaltet.
Wir müssen uns mit aller Kraft
und auf allen Ebenen
und mit allen Mitteln dafür einsetzen,
die Spaltungen,
die Zwistigkeiten,
Zank und Streitigkeiten zu überwinden.
„Ist denn Christus zerteilt?“ (1 Kor 1,13)
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