Ein historisches Datum für Waldram: Am 21. Oktober 2018 fand in der Aula von St. Matthias der Festakt zur Eröffnung des Erinnerungsortes Badehaus statt.
Titelseite des Programms des Festaktes
Im Beisein zahlreicher Bewohner und „Kinder des Lagers Föhrenwald“ und ihrer Nachkommen, die u.a. aus den USA und Israel angereist waren, begrüßten die Vorsitzende des Vereins „Bürger fürs Badehaus Wolfratshausen-Föhrenwald e.V.“, Dr. Sybille Krafft und ihr Stellvertreter Wolfgang Saal die prominenten Gäste: den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster, den Weihbischof Wolfgang Bischof, die Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, den Rabbiner Steven Langnas, die Generalkonsulin der USA in München Meghan Gregonis, den Staatsminister für Bundesangelegenheiten Dr. Florian Herrmann und den Bürgermeister der Stadt Wolfratshausen Klaus Heilinglechner.
Der Chor der Waldramer Grundschulkinder unter der Leitung von Cornelia Schubert gab mit dem Waldramlied den stimmungsvollen Auftakt.
Wolfgang Saal berichtete im Anschluss über den Weg von der Idee der Schaffung eines Ortes der Erinnerung in Waldram, über die Gründung des Vereins „Bürger fürs Badehaus“, der kostenlosen Übergabe des Gebäudes durch die Stiftung St. Matthias an den Verein und schließlich dem unermüdlichen Arbeitseinsatz der Vereinsmitglieder im Umfang von 15000 Stunden bis zur Fertigstellung der Erinnerungsstätte.
Dr. Krafft hob in ihrem Referat die Beweggründe hervor, von denen sich die Vereinsmitglieder aus Waldram, Wolfratshausen und darüber hinaus bei dieser Herkulesarbeit leiten ließen: Es war vor allem das Gespür für die Verantwortung, das unsägliche Schicksal der Opfer des Nazi-Regimes vor dem Vergessen zu bewahren und den folgenden Generationen die Erinnerung daran zu ermöglichen. Es soll ein Zeichen der Mahnung für alle sein. Frau Krafft gab zu bedenken, dass nach erfolgreichem Abschluss des ersten Schritts nun noch die Herausforderung der zweiten Etappe bewältigt werden müsse: Sie appellierte an Schulen, Vereinen, Stadt und andere Einrichtungen, mitzuhelfen, die Gedenkstätte nun mit Leben zu erfüllen.
Die Zeitzeugin Shoshana Bellen schilderte in ihrem Rückblick mit bewegenden Worten vom Schicksal ihrer Eltern, die nach dem Krieg aus Polen fliehen mussten und in Föhrenwald einen sicheren Zufluchtsort fanden.
Zwei Filmcollagen mit Zeugnissen jüdischer und deutscher Zeitzeugen vermittelten einen anschaulichen Eindruck von der Bedeutung des Badehauses im Lager Föhrenwald und dem dortigen Leben der Juden insgesamt.
Im Verlauf der Veranstaltung sorgten das Tafelquartett „I Musicanti Bavaresi“, Heinrich Zapf und die Waldramer Sängerinnen für ihre würdige musikalische Gestaltung.
Die jetzige Aula von St. Matthias, in der der Festakt stattfand, ist ebenfalls Spiegelbild der kurzen, aber wechselvollen Geschichte des Ortes: Ab 1940 war der Raum zunächst Verwaltungsgebäude des Arbeiterlagers der Nazis. In dem späteren Lager Föhrenwald für „Displaced Persons“, als überlebende und vertriebene Juden bis 1957 hier eine Bleibe fanden, diente er als Synagoge und anschließend, nach dem Erwerb des Geländes durch das Katholische Siedlungswerk , wurde er Kirche des Spätberufenenseminars und der Pfarrei Waldram.
Im Anschluss an den Festakt zog die Festgesellschaft zum Badehaus am Kolpingplatz. Dort erteilten die geistlichen Würdenträger dem neuen Dokumentationzentrum den Segen.
Thomas Erhard
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