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Wahre Liebe

Liebe Schwestern und Brüder!

Das ist doch ziemlich deutlich,
was Jesus da sagt.

Er spricht – vordergründig gesehen – vom jüngsten Gericht.

Von dem Tag,
an dem ER kommt, um Gericht zu halten.

Aber wenn wir genau hinsehen,
spricht er auch von dem Tag,
an dem ER bei uns ankommen will.

Er spricht auch von dem Tag,
an dem ER bei uns ankommen soll.

– Als Christen warten wir ja hoffentlich jeden Tag auf seine Ankunft! –

Und wenn ER kommt,
wenn Christus da sein soll,
dann wird
ja dann muss es zu einer Scheidung kommen.

Zur Scheidung zwischen Schafen und Böcken.

Wenn ER kommt, wird ER die weißen Schafe
und die schwarzen Ziegenböcke voneinander trennen.

Und er nennt uns in aller Deutlichkeit die Kriterien, die er anlegen wird,
die Fragen, die dann gestellt werden.

Am Ende der Scheidung zwischen Schafen und Böcken
werden die Gerechten in das ewige Leben gehen
und die anderen in die ewige Strafe.

Ganz schön drastisch.

Das im wahrsten Sinn des Wortes „entscheidende“ Kriterium,
das beim Kommen des Menschensohnes,
beim Kommen Christi,
angesetzt wird,
ist die Liebe.

Die Frage, die wir uns stellen müssen
und die wir uns stellen lassen müssen,
ist die:

HAST   DU   GELIEBT?

(1. Die Liebe ist konkret)

Wenn wir das Wort Liebe gebrauchen,
dann denken wir vielleicht zuerst an ein Gefühl,
an einen Gedanken,
vielleicht sogar an Erotik.

Davon spricht Jesus nicht.

Mit seinem Gleichnis stellt er klar:

Die Liebe ist konkret.

Liebe,
die sich nicht in der konkreten Tat zeigt,
ist im Sinne Jesu keine wahre Liebe.

Liebe die nur ein Gedanke bleibt,
ist keine wahre Liebe.

Liebe, von der nur geredet oder geschrieben wird,
ist keine wahre Liebe.

Wahre Liebe muss sich konkretisieren,

muss Hand und Fuß bekommen.

Wenn sie das nicht tut,
bleibt sie unglaubwürdig und leer.

Ja, für die wahre Liebe
braucht es nicht einmal Worte
oder Gedanken darüber,
sondern nur die Tat.

Und es geht nicht um Heldentaten,
um Revolutionen oder große Kunststücke.

Es geht um die kleinen Taten:

Da genügt es,
jemandem etwas zu essen oder zu trinken zu geben,
einen Kranken zu besuchen 
oder die Kleider zu teilen.

Die Beispiele, die Jesus nennt,
sind alltäglich,
unspektakulär
und von jedem aufmerksamen Menschen praktisch umzusetzen.

Aber alle,
jede einzelne
– und die Liste könnte man sicher noch beliebig erweitern –
alle
sind Taten der Liebe.

Und alle gelten einem der „geringsten Brüder“.

 (2. Wer liebt kommt in Kontakt mit Gott)

Der Einsatz für die Geringsten,
das soziale Engagement,
ist eines der Markenzeichen des Christentums.

An unzähligen Stellen im Neuen Testament
werden wir von Jesus und von den Aposteln
dazu ermahnt.

Das Gleichnis,
das Jesus uns heute erzählt,
ist nicht nur eine solche Ermahnung.

Es zeigt den wichtigsten Punkt auf,
weshalb wir lieben sollen,
– ja – weshalb wir, wenn wir Christen sein wollen,
lieben MÜSSEN!

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt,
das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder nicht getan habt,
das habt ihr auch mir nicht getan.“ (Mt 25,45)

Jesus zeigt nicht nur Mitgefühl oder Mitleid
mit den Notleidenden.

Er solidarisiert sich nicht nur
mit den Hilfsbedürftigen.

Er lässt sich vielmehr
durch die Armen vertreten.

In dem,
der meine Hilfe braucht,
begegnet mir CHRISTUS.

Wer die Hilfe für den Hilfsbedürftigen ablehnt,
der lehnt Christus ab.

Der Dienst am geringsten Bruder,
an der geringsten Schwester,
ist echter Gottesdienst.

Vielleicht riecht es in diesem Gottesdienst
statt nach Kerzen und Weihrauch
nach menschlichen Grundbedürfnissen.

Doch wer diesen Gottesdienst tut,
wer die konkrete Liebe lebt,
der hat
– mit dem Evangelium dieses Sonntags –
die Zusage,
dass er ganz nahe bei Christus ist.

Wer in der konkreten Tat liebt,
der begegnet Christus.

 (3. Wer liebt, kommt zum Leben, wer nicht liebt, kommt zum Tod)

Und mehr noch:

Er geht am Ende ins ewige Leben.

Korrekter als die Einheitsübersetzung
müsste man den ursprünglichen griechischen Text
nämlich so wiedergeben:

„Und diese (Jesus spricht zuerst von den Verweigerern der Liebe) –

Und diese werden in die ewige Strafe gehen,
die Gerechten aber in das ewige Leben.“ (Mt 25,46)[1]

Was Johannes in seinem ersten Brief so schreibt:

„Wir wissen,
dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind,
weil wir die Brüder lieben.“ (1 Joh 3,14a)

gilt erst recht für das ewige Leben.

Dahin gelangt der,
der liebt.

Während der,
der nicht liebt „in die ewige Strafe geht“.[2]

Es ist nicht einmal so,
dass er bestraft wird,

sondern die Strafe ist sozusagen die logische Folge
seines Nicht-Liebens.

Wer nicht liebt,
verdammt sich
durch sein Nicht-Lieben
selbst.

„Wer nicht liebt, bleibt im Tod.“ (1 Joh 3,14b)
– so sagt es Johannes in seinem ersten Brief.

Dass, das wahr ist,
können wir jetzt schon überall dort sehen,
wo Menschen sich in ihrem Egoismus gefangen nehmen lassen.

Dass wir nicht die Freude der Erlösten spüren und ausstrahlen,
können wir immer dann
– auch am eigenen Leib –
erfahren,
wo wir die Liebe schuldig bleiben
und um uns selber kreisen.

„Diese werden in die ewige Strafe gehen,
 die Gerechten aber in das ewige Leben.“ (Mt 25,46)

Das will weniger als Drohung,
denn als selbstverständliche Feststellung
verstanden werden.

„Diese werden in die ewige Strafe gehen,
 die Gerechten aber in das ewige Leben.“ (Mt 25,46)

Das will uns vor allem dazu ermuntern,
mit der christlichen Liebe,
mit der Liebe zu den Brüdern und Schwestern,
zu den Geringsten,
endlich ernst zu machen.

Denn:

Die Liebe ist konkret.

Wer liebt
kommt in Kontakt mit Gott.

Wer liebt
kommt zum Leben,

wer nicht liebt
kommt zum Tod.


[1] Hier zitiert nach der „Züricher Bibel“

[2] Vgl. Mt 25,46 nach der „Züricher Bibel“

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