Liebe Schwestern und Brüder!

Als wir in den Weihnachtsferien
zusammen mit der Vorstandschaft des Missionskreises
in Kenia waren,
da durfte ich
an einem kleinen und unscheinbar wirkenden Ereignis mithelfen.

Bei einem Kloster,
nur ein paar Kilometer von Äquator entfernt,

hatte vor Jahren ein Mönch einen Bibel-Park eingerichtet:

"African Bible on the ground"

In diesen Park
kommen Menschen aus verschiedenen Konfessionen:
Katholiken, Evangelische, Freikirchler,
ja sogar Nichtchristen.

Sehr eindrucksvoll
wird den Besuchern die Entstehung
und der Sinn der Heiligen Schrift nahegebracht.

Nun hatte man begonnen, eine Kirche zu bauen

und der Abtpäses Jeremias aus Sankt Ottilien,
der uns zu der Fahrt nach Afrika eingeladen hatte,
sollten den Grundstein für diese Kirche legen.

Im Gespräch vor der Grundsteinlegung
kamen wir drauf,
dass die Kirche noch gar keinen Patron hat.

Bei uns in der katholischen Kirche ist es üblich,
einer Einrichtung oder einer Kirche einen Patron zu geben.

Der gibt ihr dann nicht nur den Namen,
damit sie irgendwie heißt,
sondern verkörpert in gewisser Weise das Programm.

Ich schlug
den heiligen Hieronymus vor.

Hieronymus hatte im fünften Jahrhundert
die Heilige Schrift in die damalige Umgangssprache,
das Lateinische,
übersetzt und so geholfen,
dass viele Menschen die Bibel verstehen konnten.

Das war noch lange vor den unsäglichen Kirchenspaltungen.

Mit so einem frühen Kirchenvater,
einem angesehenen Gelehrten,
könnten auch die nichtkatholischen Christen etwas anfangen.

Und das,
was der heilige Hieronymus getan hat,
geschieht ja
– in zeitgemäßer Form –
an diesem Ort in Afrika.

Heute
versuchen die Mönche mit Hilfe des Bibelparks
eine Übersetzung der Bibel in die Sprache der Menschen
und bringen ihnen so das Wort Gottes nahe.

Wie vor mehr als fünfzehnhundert Jahren der heilige Hieronymus.

Tatsächlich bekam die Kirche den Namen Sankt Hieronymus.

Wir feiern heute den Patron unseres Hauses,

den Heiligen Matthias.

Für mich die Gelegenheit,
uns diesen Mann einmal genauer anzuschauen.

Drehen Sie sich doch einfach einmal um.

Hinten an der großen Wand steht er.

Schon oft sind Sie an seinem Bild vorbeigegangen.

An der Figur unseres Patrons,
des Heiligen Matthias.

Was sehen Sie an ihm?

Es handelt sich um eine dem Barocken Stil nachempfundene Darstellung.

Aber ein paar Eigenheiten fallen an ihm schon auf:

Drei sind besonders augenfällig:

Das Beil,

das Buch

und der lange Bart.

In der christlichen Ikonographie,
haben die Symbole, die man einer Figur hinzufügt,
jeweils eine Bedeutung
und sie erzählen dem Betrachter eine Geschichte,
über die Person, die da dargestellt ist
und über ihr Leben.

Das ist auch hier so.

Der heilige Matthias
hat uns heute etwas sagen.

Als man unserer Einrichtung,
also dem Spätberufenenseminar in Waldram mit seinen Schulen
wo man das Abitur nachholen kann,
wo man seiner Berufung im weiteren und engeren Sinn nachgehen kann,
den Namen St. Matthias gegeben hat,
da wurde das mit Bedacht getan.

Als Reinhard Marx
Erzbischof von München und Freising geworden war
und ich bei der Dekanekonferenz,
bei der auch er zugegen war,
unser Haus vorgestellt habe,
da hat er mich nach meinem Statement gefragt:
„Weshalb heißt Ihr Haus denn St. Matthias?“

Ich kann mich noch genau an meine spontane Antwort erinnern.

Sie war ein bischen frech
und ist mir heute noch ein wenig peinlich.

Ich antwortete ihm:
Sie, Herr Bischof fragen mich das.
Sie waren doch Bischof in Trier!“

– Dort ist das Grab des Heiligen Matthias.

– Übrigens das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen.

Schon mehrere Male haben wir das Grab des heiligen Matthias besucht.

Was hat uns dieser Mann,
dessen Gebeine lange nach seinem Tod in unser Land gekommen sind,
heute zu sagen?

Mit dem Titel des Filmes
den man vor Jahren über unser Haus gemacht hat,
sagt uns der heilige Matthias
als erstes:

Bild besser spät als nie

„Besser spät als nie!“

Weil der heilige Matthias ja der ist,
der später in den Kreis der Apostel aufgenommen wurde.

– Wir haben davon in der Lesung gehört:

Im Kreis der Zwölf Apostel
war der Platz frei geworden,
den Judas Iskariot inne hatte.

Nach dem der Jesus verraten hatte,
hat er sich umgebracht.

„Seinen Platz soll ein Anderer erhalten!“
entschieden Petrus und die Ältesten.

Und schließlich wählten sie Matthias.

Sein Gegenkandidat Josef, genannt Barsabbas,
trägt den Benahmen Justus („der Gerechte“).

Von Matthias ist nur sein Name genannt.

Man kannte ihn wohl in der Urgemeinde,
sodass keine nähere Beschreibung nötig war.

Er war einer von denen gewesen,
die neben den Zwölf
zusammen mit Jesus unterwegs gewesen waren.

Er hatte alles miterlebt:

Angefangen von der Taufe Jesu im Jordan,
seine Predigt und sein Wirken,
seinen Tod und seine Auferstehung,
bis hin zur Himmelfahrt!

Von Matthias konnte man wohl zu Recht sagen,
dass er Zeuge der Auferstehung war.

Worte des Heiligen Matthias
sind weder in noch außerhalb der Bibel überliefert.

Verschiedene Legenden berichten über sein Leben.

Doch neben der Aufforderung:
„Besser spät als nie!“
sind die wichtigsten Dinge,
die er auch uns heute zu sagen hat,
in den drei Symbolen aufgezeigt.

Drei Dinge,
zu denen uns der heilige Matthias ermuntert,
ja sogar auffordert.

Die drei Symbole sind:
der Bart,
das Buch
und das Beil.

Der Bart ist in der christlichen Ikonographie Zeichen für die Weisheit.

Symbol für die Lebenserfahrung,
für das Alter,
für die Würde.

Zu uns sagt der hl. Matthias:
Sorge dafür,
dass in Dir die Weisheit lebt.

Mach Erfahrungen in Deinem Leben
und lerne aus diesen Erfahrungen
und gib sie weiter an die Anderen.

Werde weise!

Und vergiss nie Deine Würde!

Deine Würde hast Du,
weil Du Ebenbild Gottes bist,
weil Du Kind Gottes bist.

Du hast sie
– unabhängig von Deiner Leistung.

Und wie wird man weise?

Was kann man tun,
um zur Weisheit zu kommen?

Ein wichtiger Teil ist sicher:
immer lernen,
stets neuen Dingen und Erkenntnissen gegenüber offen sein.

Nie aufhören nach Bildung zu streben.

Nie stehen bleiben
oder sich mit der Mittelmäßigkeit zufrieden geben.

Werde weise!

– Eine Aufforderung des heiligen Matthias an jeden von uns.

Doch um weise zu werden,
so zeigt der heilige Matthias,
genügt nicht allein das Lernen und das eigene Streben!

Es braucht dazu das,
was das Buch in seinen Händen symbolisiert.

Dieses Buch steht für die Bibel.

Es ist das Zeichen für das Wort Gottes,
das in der Heiligen Schrift aufgeschrieben ist
und das wir dort nachlesen können.

Das Buch ist Zeichen für den Glauben,
der auf dem Wort Gottes basiert.

Dieses Wort ist kein toter Buchstabe.

Das Wort Gottes ist ein wirkmächtiges Wort.

Ein Wort das Neues schafft.
denken Sie an den ersten Schöpfungsbericht.

Und mehr noch:
Das Wort Gottes ist Fleisch geworden.

Jesus Christus,
an den wir Christen glauben
und dessen Botschaft wir umzusetzen versuchen,
ist das menschgewordene Wort Gottes.

In IHM
hat Gottes Wort
im wahrsten Sinn des Wortes
Hand und Fuß bekommen.

Und wer IHM nachstrebt,
wer so lebt, wie ER es vorgemacht und verkündet hat,
der wird weise.

Das Buch in der Hand des Matthias will zeigen:

Wer das Wort Gottes ernst nimmt,
über dessen Leben wird man am Ende sagen können:
Dieses Leben hat sich gelohnt,
Dein Leben ist gelungen.

Dass das etwas kostet,
darauf weist das dritte Symbol hin.

Das Beil.

Die Legende erzählt, dass Matthias,
wie die anderen Apostel auszog,
um das Evangelium zu verkünden.

Wie unzählige andere bis heute
war Matthias ein unermüdlicher Verkünder der frohen Botschaft.

Dass die Verkündigung des Glaubens an Christus
gelegentlich auch auf Ablehnung stößt,
ist auch bis heute so.

Doch Matthias stand zu seiner Überzeugung und zu seinem Glauben.

Auch als er angefeindet wurde.

Auch als es gefährlich wurde.

Auch als es lebensgefährlich wurde.

Am Ende wurde er von seinen Gegnern mit einem Beil enthauptet.

Matthias ließ sich nicht Abbringen
und stand mit seiner ganzen Person für seine Überzeugung.

Liebe Schwestern und Brüder!

Sankt Matthias hat uns
– gerade uns hier –
etwas zu sagen:

„Besser spät als nie!“

Werde weise!
Hör auf das Wort.
Und steh zu Deiner Überzeugung.