<xml> Normal 0 21 false false false DE JA X-NONE </xml>

1. Lesung: Joel 2,21-24.26-27; 2. Lesung: 1 Tim 6,6-11.17-19; Evangelium: Lk 12,15-21

Liebe Schwestern und Brüder!

Gott sei dank geht es uns allen gut
und wir haben
– wenn wir ehrlich sind –
nicht zu klagen über Mangel an materiellen Dingen.

Der wunderbare Erntealtar,
den der Andreas und der Benedikt hier um unseren Altar aufgebaut haben,
legt sichtbares Zeugnis davon ab,
dass wir hier in Deutschland in einem Wohlstand leben dürfen,
um den uns der größte Teil der Bevölkerung dieser Erde
zu Recht beneidet.

Und auch hier im Seminar
gibt es keinen Grund über Mangel zu klagen.

Aber keine Angst:
Ich möchte jetzt nicht ein Lied auf die Armut singen
oder uns ein schlechtes Gewissen einreden,
weil wir hier im Überfluss leben.

Dafür können wir ja ehrlich gesagt nicht wirklich etwas.

Ich möchte unseren Blick noch einmal auf das Gleichnis lenken,
das uns Jesus im Evangelium erzählt.

Wovon Spricht er da?

Er spricht nicht vom Reichtum.

Im ersten Satz des heutigen Evangeliums sagt er
„Hütet euch vor jeder Art von Habgier!“ (Lk 12,15)

Und dann zeigt Jesus auf,
wie es sich mit der Habgier verhält:

Genau übersetzt beginnt das Gleichnis mit den Worten:

„Das Land des reichen Menschen trug viel ein.“ (vgl. Lk 12,17 Elb.)

Das Land hat die Früchte hervorgebracht.

Nicht der Mensch.

Trotz seines vielen Mühens
hätte die reiche Ernte auch ausbleiben können.

Der Wohlstand ist ein Geschenk
und es gibt keinen Anspruch darauf eine gute Ernte zu haben.

Zwar ist es auch nicht
– wie mit einem sechser im Lotto –
reine Glückssache,

aber es ist ein Geschenk,
wenn wir die materiellen Güter ausreichend zur Verfügung haben.

Auch der Reiche hatte nicht damit rechnen können.

Deshalb fragt er sich ja:

„Was soll ich tun?
Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll.“ (Lk 12,17)

Der bisherige sicher nicht kleine Lagerplatz reicht nicht mehr.

Und er entschließt sich,
seine Scheunen,
die ihm bisher sicher auch schon
einen einträglichen Lebensunterhalt beherbergen konnten,
niederzureißen
und größere zu bauen.

Dann aber kommt sein wohl entscheidender Fehler zu Tage:

Denn genau übersetzt heißt es da:
„und ich will zu meiner Seele sagen:
Seele,
du hast viele Güter daliegen für viele Jahre.

Ruhe aus,
iß, trink, sei fröhlich!“ (Lk 12,19 Elb.)

Der als Narr gescholtene Habgierige
hat seine Seele an seinen Reichtum gehängt.

Doch:
Noch „in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern.“ (Lk 12,20 Elb.),
erwidert ihm Gott.

Ψυχή – Seele,
meint hier im Neuen Testament den Menschen in seiner Ganzheit.

Mit seiner ganzen Person
hängt der Reiche an dem,
was er im Überfluss hat.

Und er will es allein für sich haben.

Obwohl er so viel hat,
dass er es im Moment gar nicht brauchen kann,
kommt er nicht auf den Gedanken,
seinen Reichtum einzusetzen,
damit vielleicht auch andere davon profitieren können.

Im Gegenteil.

Er begnügt sich nicht mit dem Vielen,
das er ohnehin schon hat,
sondern wird immer mehr gefangen
vom haben wollen.

Die Habgier ergreift von ihm Besitz.

Von seinem Denken,
von seinem streben,
von seinem Leben,
ja von seiner ganzen Person.

Die Ψυχή – die Seele,
von der hier die Rede ist,
bezeichnet „die Lebendigkeit des Menschen,
die sich in seinem Streben und Wollen,
nicht zuletzt in seinen Empfindungen und Stimmungen äußert.“
(Elberfelder Studienbibel S. 2112)

Der Habgierige in dem Gleichnis,
gibt letztlich seine Lebendigkeit,
ja sich selbst auf,
zugunsten des riesigen Überflusses,
auf dem er sich ausruhen will.

Anstatt das, was er hat,
dazu zu verwenden um vor Gott reich zu sein,
sammelt er nur für sich.

Doch sein Leben (seine Seele) ist nicht in seiner Hand.

Ganz schnell:
„noch in dieser Nacht“
wird man seine Seele von ihm fordern.

Andere werden dann die Nutznießer seines Vermögens sein.

Die Erben werden sicher nicht lange auf sich warten lassen.

Er selbst ist im Blick auf Gott nicht reich.

Im Tod nimmt er nichts mit,
außer das,
was er bei Gott gut hat.

Sein Leben ist ja unendlich wertvoller als all das,
was er an Besitz angehäuft hat.

Wenn er das,
was ihm da so unverdient als Vermögen zugefallen ist,
nicht für sich gesammelt hätte,
sondern es auch Anderen zugänglich gemacht hätte,
wenn er nicht die Anderen Menschen und deren Bedürfnisse
aus dem Auge verloren hätte,
welchen Verlust hätte er am Ende seines Lebens zu verzeichnen gehabt?

Ihm bleibt ja sowieso nichts von seinem Vermögen

– er nimmt nichts mit in die Ewigkeit,
außer dem was er an Gutem getan hat,
dem was er im Blick auf Gott an Reichtümern gesammelt hat.

Liebe Schwestern und Brüder!

Jetzt könnte einer sagen:
Wir sind ja alle nicht reich

– sicher haben wir alles was wir zum Leben brauchen –

so wirklich reich sind wir nicht.

Aber Jesus spricht in dem Gleichnis ja nicht über den Reichtum,
sondern über die Habgier,
das haben wollen,
das immer mehr haben wollen,
das für sich haben wollen.

Und die Habgier,
die findet sich nicht nur bei den Reichen.

Sie ist auch in meinem
– und wahrscheinlich auch in Ihrem – Leben
immer wieder da.

Die Habgier bezieht sich auch nicht nur auf die materiellen Güter.

Wissen,
Menschen,
Aufmerksamkeit,
Zuwendung,
vieles Andere kann Gegenstand der Habgier sein.

Und wenn wir uns nicht in Acht nehmen,
dann kann sie schnell von uns Besitz ergreifen.

Wie können wir uns vor ihr schützen?

Liebe Schwestern und Brüder!

Der Habsucht entgehen wir am besten,
wenn wir unsere Seele eben nicht gefangen nehmen lassen.

Wenn wir den Blick von uns selber weg
auf die anderen Menschen lenken.

Wenn wir uns bewusst machen,
dass alles, was uns geschenkt sind,
nicht für uns alleine da ist,
sondern dazu,
weitergeschenkt zu werden.

Alles was zu zur Verfügung ist, uns nur geliehen ist.

Jederzeit kann es auch für uns heißen:
„noch heute Nacht wird man deine Seele von dir fordern.“

Dann muss sich zeigen was uns bleibt.

Wir dürfen dankbar sein dafür,
dass es uns so gut geht
und mit denen die weniger haben teilen.

Wir dürfen dankbar sein,
für die Fähigkeiten, mit denen uns Gott ausgestattet hat,
und sie für die Anderen einsetzen.

Wir dürfen die Zeit unseres Lebens,
ja unser Leben selbst,
das wir von Gott geschenkt bekommen haben,
dankbar annehmen
und einsetzen für die Menschen um uns herum,
letztlich für den Aufbau des Reiches Gottes.

In diesem Sinne
wünsche ich uns allen ein gesegnetes Erntedankfest.