<xml> Normal 0 21 false false false DE JA X-NONE </xml>

Es war einmal ein Mann,
der hatte von einer Stadt gehört,
in der alle Menschen wirklich nach dem Evangelium leben.

Und er machte sich auf den Weg, diese Stadt zu sehen.

Als er sie gefunden hatte, war er mehr als überrascht.

Alle Menschen, die ihm begegneten,
sahen irgendwie seltsam aus.

Ihnen fehlte ein Auge, eine Hand, ein Fuß.

Niemand war wirklich unversehrt.

"Welcher grausame Tyrann hat dies verbrochen?
Wer hat die Stadt überfallen und die Menschen hier so zugerichtet?"
fragte der Mann völlig entsetzt.

"Das haben wir selbst getan!" gab man ihm zur Antwort.

Und die Menschen waren offensichtlich auch noch stolz darauf.

"Das haben wir selbst getan,
denn so haben wir es ja im Evangelium gelesen:
wenn dich Auge, Hand oder Fuß zum Bösen verleiten,
dann reiß sie heraus und hacke sie ab!"

Liebe Schwestern und Brüder!

Wenn dies das rechte Verständnis des heutigen Evangeliums sein sollte,
dann müssten wir wahrscheinlich statt des Opferkörbchens
nachher eine Knochensäge kreisen lassen
oder am Ausgang einen Chirurgen hinstellen,
damit er uns Hände, Füße, Augen
oder andere Körperteile amputiert,
mit denen wir Böses getan haben.

Das kann es ja wohl nicht sein!

Und dennoch steht da im Evangelium:

„Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt,
dann hau sie ab;

es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen,
als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen,
in das nie erlöschende Feuer.

Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt,
dann hau ihn ab;

es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen,
als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden.

Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt,
dann reiß es aus;

es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen,
als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden,
wo ihr Wurm nicht stirbt
und das Feuer nicht erlischt.“ (Mk 9,43ff)

Wenn es Jesus nicht darum geht,
dass wir uns selbst verstümmeln sollen,
worum geht es ihm denn dann?

Es geht ihm darum,
dass wir zum wahren Leben kommen.

Er will, dass wir in das Reich Gottes gelangen.

Etwas weniger fromm gesagt:
Er möchte, dass wir glücklich werden
und unser Leben gelingt.

Und dazu – so nimmt Jesus für sich in Anspruch – ist ER DER WEG.

Damit unser Leben gelingt,
damit wir wirklich glücklich werden
und über dieses Leben hinauskommen,
braucht es die klare Entscheidung für das GUTE.

Und die Entscheidung für das GUTE,
schließt automatisch die Entscheidung für das Böse aus.

Bei der Taufe
und bei der Erneuerung des Taufversprechens
wird dreimal gefragt,
ob wir dem Bösen absagen.

Erst dann folgt die dreifache Frage nach unserem Glauben.

Wir können nicht für das Gute und für das Böse gleichzeitig sein.

Das Eine schließt das Andere aus.

Was Jesus also mit dem Evangelium des heutigen Sonntags fordert,
ist unser entschiedenes Eintreten für das Gute.

Freilich machen wir die Erfahrung,
dass uns das manchmal gelingt
und auch wieder nicht gelingt.

Sind wir also doch verdammt?

Müssen wir als doch damit anfangen,
uns Hände und Füße abzuhaken?

Nein!

Aber wir sollen wachsam auf das schauen,
was uns vom Guten abhält.

Und wenn möglich mit aller Radikalität
uns FÜR das Gute und GEGEN das Böse entscheiden.

Unsere Erfahrung lehrt uns,
dass wir immer wieder in die gleichen Fehler fallen.

Unser Glaube an den guten und barmherzigen Gott sagt uns,
dass wir immer wieder umkehren können.

Aber einen wirklichen Fortschritt,
eine wirkliche Veränderung unseres Lebens,
wird es nur geben,
wenn wir uns klar GEGEN das Böse entscheiden.

Das fällt uns manchmal leichter,
und manchmal ist es schwieriger.

Ja es kann sogar sein,
dass wir einen klaren Schnitt machen müssen.

Denn wenn wir ehrlich sind,
dann wissen wir meist den Grund für unsere Schwäche,
wir wissen an welchen Stellen wie immer wieder stolpern,
wo unsere Schwächen liegen.

Jesus verachtet uns nicht wegen unserer Schwächen und Fehler.

Im Gegenteil!

Er fordert uns sogar auf,
unsere Fehler genau anzuschauen,
unsere Schwachstellen zu erkennen:

Wenn Dir immer wieder die Hand ausrutscht,
oder wenn du immer wieder über deinen Fuß stolperst,
oder wenn Deine Augen immer wieder auf Dinge sehen,
die sie besser nicht sehen sollten

Dann!

Ja genau dann,
lädt uns Jesus zu einem klaren Schnitt ein.

Ohne diesen klaren Schnitt wirst Du keinen Fortschritt machen.

So ungern wir das hören:
DAS ist die Wirklichkeit.

Es ist ähnlich wie bei einem Alkoholiker:

Wenn er nicht wirklich einen Schnitt macht
und keinen Alkohol mehr angerührt
dann wird er nie trocken werden.

Schauen wir also unser Leben ehrlich an

und überlegen wir:
wo ist in meinem Leben die klare Entscheidung gegen das Böse
und für das Gute nötig
und wo braucht es einen klaren Schnitt?

Jesus möchte, dass unser Leben gelingt.

Das Leben jedes Einzelnen und das Leben von uns allen.

Er möchte, dass unser Leben weitergeht
sogar bis zum ewigen Leben.

Er will, dass wir aus den Verstrickungen in das Böse herauskommen.

Er hat von seiner Seite alles dafür getan.

Jetzt sind wir an der Reihe unseren Teil dafür zu tun.

Was von uns gefordert ist,
ist die klare Entscheidung gegen das Böse

und die klare Entscheidung für IHN.

Wenn wir das verstanden haben
und umsetzen,
dann können wir den Mann aus der Geschichte,
von dem ich am Anfang erzählt habe,
gerne zu uns einladen.

Er wird dann hier bei uns keine Verstümmelten finden
ohne Hände, Füße oder Augen.

Vielmehr wird er erleichterte, glückliche Menschen finden,
die in einer Gesellschaft leben,
in der es Allen gut geht.