Es ist eine gute Tradition im Gymnasium und Kolleg St. Matthias, am vorletzten Schultag vor den Osterferien den Kreuzweg zu gehen. Heuer hatten sich die beiden Religionslehrer Maximilian Heisler und Simon Fritz zusammen mit Seminardirektor Martin Schnirch und drei Klassen etwas ganz Besonderes einfallen. Asien, Afrika und Lateinamerika stellten drei Stationen dar, an denen viele Menschen ihr Kreuz zu tragen haben.
Den Anfang machte im Foyer der Waldramer Schule Asien: Zu den Stichworten Überbevölkerung (das indische Mumbay weist 28.000 Einwohner pro Quadratkilometer auf, die Bevölkerung Münchens müsste sich entsprechend auf der Fläche Geretsrieds zusammendrängen), Sextourismus, Christenverfolgung und Leistungsdruck konfrontierten die Referenten die Schulfamilie mit einigen erschütternden Fakten. Hinter den leuchtenden Fassaden moderner Metropolen sieht Asien demnach ganz anders aus – Verfolgung, Unterdrückung, Folter sind an der Tagesordnung.
Die zehnte Klasse blickte nach Brasilien, genauer gesagt nach Rio de Janeiro. Jesus schaut vom Zuckerhut auf die Stadt an der Copacabana, in der Paola auf der Straße den Reichen und Schönen die Schuhe putzt. Juan lebt wie Paola auf der Straße, der Junge spendete die Hornhaut seiner Augen und ist seitdem blind. Carlos trieb der Hunger auf die Straße, er schnüffelt Lösungsmittel, und verdient sich ein bisschen Geld mit Drogenhandel. Schließlich sind da noch die Waisen Fernanda und Maria, die ihre jüngeren Geschwister durch Prostitution ernähren.
Zum Schluss zogen alle in die Seminarkirche, in der dunkle Trommelklänge und Männer in Arbeitskleidung das Thema Vermüllung in Afrika veranschaulichten: Schwarze Männer mit Holzmasken stehen rund um den Altar, sie legen die Masken ab, ein elegant gekleideter weißer Mann steckt ihnen ein paar Geldscheine zu, telefoniert, gibt Zeichen und Anweisungen. Müllwerker leeren Abfall zu Füßen des Altars aus, die Männer streifen die blauen Müllsäcke über. Die Botschaft: „500 Container Elektroschrott landen jeden Monat allein in Ghana. Was nicht gebraucht wird, wird verbrannt, Krankheit und Tod sind die Folgen.“ Und die gequälten Menschen fragen sich, ob sie den Raub ihrer Seelen ertragen müssen, „Angehörige keiner Klasse“.
„In allen Kontinenten ist das Kreuz präsent, und alle tragen ihre Kreuze vor Gott“, so Seminardirektor Martin Schnirch. Mit der Bitte um Erlösung von allem Leid, allem Kreuz, aller Demütigung, Versklavung und Entrechtung entließ er die Schulfamilie.

Dieter Klug

Quelle: Isar-Loisachbote, Nr. 72, 26. März 2013, Lokales S. 3