Liebe Schwestern und Brüder!

Stellen wir uns die Szene noch einmal vor:

da kommt ein Mann,
wie sich später herausstellt, ein Reicher,
und fällt vor Jesus auf die Knie.

Einen Kniefall vor Jesus
machen sonst nur die,
die der Heilung bedürfen,
die Kranken,
die Aussätzigen,
die Sünder.

Hier macht den Kniefall ein Reicher.

Einer,
der besten Gewissens von sich sagen kann,
dass er stets alle Gebote genau befolgt hat (vgl. Mk 10,20).

Und er stellt Jesus die Frage:
„Guter Meister,
was muss ich tun,
um das ewige Leben zu gewinnen?“ (Mk 10,17)

In seiner Antwort
verweist Jesus auf Gott,
der DER Gute ist.

Und dann nennt Jesus die Gebote.

Aus tiefem Herzen
kann der Mann von sich behaupten,
dass er die Gebote von Jugend an befolgt habe.

Und dann kommt der Hammer:

„Da sah ihn Jesus an,

und weil er ihn liebte,
sagte er:
Eines fehlt dir noch:

Geh, verkaufe, was du hast,
gib das Geld den Armen,
und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben;

dann komm und folge mir nach!“ (Mk 10,21)

Schauen wir genau hin:
hier erst heißt es,
dass Jesus ihn ansieht.

Und mehr noch:
es heißt „weil er ihn liebte sagte er“.

Im griechischen Text
wird hier für „lieben“ das Wort verwendet,
das auch für die Nächstenliebe,
die den Kranken und Bedürftigen entgegengebracht wird,
verwendet wird.

Hat Jesus vorher allgemein gesprochen
– offenbar ohne den Mann anzusehen -,
so spricht er ihn nun persönlich an:

„Eines fehlt DIR noch:
Geh, verkaufe, was du hast,
gib das Geld den Armen,
und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben;

dann komm und folge mir nach!“ (Mk 10,21b)

Wenn ich mich jetzt selbst in die Rolle des Mannes begebe,
der Jesus da begegnet,
so stellt sich zuerst die Frage:
Will auch ich das ewige Leben gewinnen?

Und weiter muss ich mich fragen:
Kann ich von mir sagen,
dass ich die Gebote – alle Gebote – von Jugend an befolgt habe?

[Stille]

Und dann
darf auch ich mich von Jesus anschauen lassen,
mir bewusst machen,
dass ER auch MICH liebt
und mit SEINEM liebenden Blick anschaut.

Und dann frage ich mich:

Was würde ER zu MIR sagen: „Eines fehlt DIR noch…“?

Was wäre das EINE, das MIR noch fehlt?

„Ich bin doch kein Reicher!“
Werde ich sagen.

„Es gibt Leute, die noch viel reicher sind als ich!“

„Außerdem muss man ja auch ein Auskommen haben!“

Aber auch zu mir sagt Jesus:
„Eines fehlt dir noch!“

Was ist das EINE, das MIR noch fehlt?

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir dürfen es uns an dieser Stelle nicht zu leicht machen!

Wir sind sehr schnell in der Gefahr,
hier vom Reichtum,
vom Geld,
vom Besitz
weg
auf etwas Anderes hin
zu interpretieren.

Doch Jesus sagt auch UNS, die wir ja seine Jünger sind:
„Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen,
in das Reich Gottes zu kommen!“ (Mk 10,24)

Er bekräftigt es sogar noch
mit dem Bild vom Kamel und dem Nadelöhr.

Und es geht uns im ersten Moment wie den Jüngern,
die über seine Worte bestürzt waren. (vgl. Mk 10,26)

Denn sagt man nicht:
„Beim Geld hört die Freundschaft auf.“

Jesus sagt hier:
„Bei der Frage des Geldes
stellt sich die Frage der Freundschaft neu.“

Die Frage die Jesus letztlich stellt,
ist die Frage:
„Stehst du zu GOTT oder zu deinem GELD?“

Und diese Frage stellt er jedem von uns.

„Ihr könnt nicht beiden dienen,
Gott und dem Mammon.“ (Mt 26,24)

Und Martin Luther bringt es auf den Punkt, wenn er sagt:
„Worauf du nun dein Herz hängst und verlässt,
das ist eigentlich dein Gott“.

Ja –
man kann mit dem Geld sogar einen religiösen Schnelltest machen:
Wenn ich wissen will,
woran ich glaube,
brauche ich nur zu fragen:
Wofür gebe ich mein Geld bedingungslos aus?

Das ist dann mein Gott.

Solange es nichts kostet,
ist es leicht ein guter Mensch zu sein.

Doch da wo’s an den Geldbeutel geht,
da scheiden sich die Geister.

Das sehen wir in unserer heutigen Gesellschaft jeden Tag überdeutlich.

Und keiner von uns braucht meinen,
dass er davor gefeit ist.

Anders als viele die Jesus begegnet waren
und die er geheilt hat
geht dieser Mann traurig weg.

Weder sein Kniefall vor Jesus,
noch seine schmeichelnden Worte („guter Meister“),
noch das Halten der Gebote von Jugend an,
hatten ihm geholfen.

Und ich Frage mich selbst wieder:
„Was kann dann mir helfen?“

„Jesus sah sie an und sagte:
Für Menschen ist das unmöglich,
aber nicht für Gott;
denn für Gott ist alles möglich.“ (Mk 10,27)

Allein werde ich es nicht schaffen.

Aber mit Gottes Hilfe!

Und dass es möglich ist,
trotz unserer Begrenztheit und unsere Schwächen,
das zeigen mir die Apostel:

Sie haben alles verlassen und sind IHM nachgefolgt.

Dass sie nicht um ihren Lohn kommen,
das hat ihnen Jesus zugesagt.

„Jeder,
der um meinetwillen
und um des Evangeliums willen
Haus oder Brüder,
Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat,
  wird das Hundertfache dafür empfangen:

Jetzt
in dieser Zeit
wird er Häuser,
Brüder,
Schwestern,
Mütter,
Kinder
und Äcker erhalten,
  wenn auch unter Verfolgungen,
und in der kommenden Welt
das ewige Leben.“ (Mk 10,29f)

Liebe Schwestern und Brüder!

Noch einmal frage ich mich:

Will ich das ewige Leben gewinnen?

Habe ich die Gebote von Jugend an befolgt?

Und was würde Jesus zu mir sagen:
„Eines fehlt dir noch…“   …nämlich?

Fürbitten

Wir beten zu Gott, der die Liebe ist: 

·        Hilf uns, unser Herz frei zu machen für dich.
Wir bitten Dich, erhöre uns.

·        Öffne unsere Augen für deine Gegenwart in der Welt.

·        Schenke uns jeden Tag neu Vertrauen in dich.

·        Gib uns die Kraft, mehr auf die Menschen zu schauen, die uns brauchen.

·        Lass unsere Verstorbenen ewig leben in dir.

Guter Gott, auf dich hoffen wir.
Steh uns bei in unserem Bemühen,
stille unsere Sehnsucht und bleibe bei uns alle Tage.
So bitten wir dich durch Christus, unseren Bruder.

Amen.

Quelle für die Fürbitten:

http://www.steyler.eu/svd/seelsorge/anregung/artikel/2015/jahreskreis/sonntag-28-JkB-liturgie.php