Vor 51 Jahren kam Friedrich Brandl zum ersten Mal nach Waldram – um Abitur zu machen am Seminar St. Mathias. „Auf der B 11, die damals noch eine ganz schmale Straße war“, erzählte er vorige Woche. Für eine Lesung hatte sich der Autor und pensionierte Hauptschullehrer wieder einmal aufgemacht in die Gegend. Deutschlehrer Andreas Gleixner stellte als Oberpfälzer fundierte Fragen an den Autoren, der ebenfalls aus der Oberpfalz stammt. Fachbetreuer Manfred Ingerl übersetzte in Schriftdeutsch.
„Des war früher unser Kirch“, sagte Friedrich Brandl erstaunt, als er auf dem Podium der Schul- und Seminaraula saß.
Dann begann er seine autobiographische Lesung unter dem Motto „Von Amberg nach Waldram und zurück – Wege mit Gedichten und Geschichten.“
Brandl folgte der „Chronologie des Lebens“, wie er sagte. Beim „Ziegelgassler“, seinem ersten Wohnsitz in Amberg und zugleich Titel seines ersten Buches, brach er auf. Er berichtete über seine Schulzeit – „meine Volksschule war am andern Ende der Stadt, da war halt die katholische Knabenschule“ -, über wunderbare und weniger wunderbare Lehrer. Mit 13 ging es dann in die Lederergasse, und „Glock’n’Roll“ war angesagt. Das ist der Titel des zweiten Bands. Ein großes Wohnzimmer, die Eisdiele und ein Plattenspieler sowie der Tanzkurs mit der großen Schwester wurden zum Zentrum des Alltags. 1957 dann der Übertritt auf die Oberrealschule. aber nicht lang: Es gab Probleme mit dem Lernen. „Und ein Vierer in Religion machte der Mutter schwer zu schaffen.“ Dann ging’s Schlag auf Schlag: Lehre in der Luitpoldhütte, erste Skiffle-Gruppe, erste Liebe. Und dann Waldram, erste Mundart-Gedichte, eine Rückschau auf Wackersdorf und Tschernobyl.
Nach der Pause beantwortete Brandl Fragen von Schülern und Gästen, in der es um Besatzungszeit, Musik und Jugend ging. Der Waldramer Herbert Brustmann, ein Freund Brandls, schickte einen Weckruf an die versammelte Schulgemeinschaft zum Stichwort Schuld. „Geht mit offenen Augen durch die Welt – alles hat auch eine traurige Vergangenheit“, sagte er. „Die Amerikaner haben uns Freiheit gebracht, überall in Waldram haben wir Fußballstadien eröffnet.“
Brandl bekräftigte das, indem er ein Loblied auf die 1968er-Jahre sang: „Wir erlebten geistige Freiheit, auch durch unsere Lehrer, auch im Seminar.“ Er gewährte den Zuhörern zudem einen facettenreichen Einblick in sein Werk und seine Arbeit als Schriftsteller. „Früher schrieb ich aus dem Bauch raus“, erzählte er, „heute brauche ich für meine Sonette schon ein Vierteljahr.“ Und immer spürte man bei dem Termin, dass der konzentrierte Denker und Dichter am Menschen und an der Schöpfung interessiert ist.
Dieter Klug
Quelle: Isar-Loisachbote, Nr. 98, 28. April 2016, Lokales S. 6