1943,
mitten im zweiten Weltkrieg
im Bombenhagel in einem Luftschutzbunker,
in einer fast völlig zerstörten norditalienischen Kleinstadt.
Eine Hand voll junger Frauen,
Studentinnen meist,
haben nichts mehr
als eine Ausgabe des neuen Testamentes in der Hand.
Und sie fragen sich:
Was bleibt?
Ungefähr im Jahr 30 oder 35 nach Christus,
vor den Toren der Stadt.
Ein junger Rabbi
ist zusammen mit zwei Verbrechern aufgehängt worden,
an einem Kreuz,
bestialisch,
wie es die Besatzer damals gemacht haben.
Seine Schüler stehen in sicherer Entfernung dabei.
Für sie ist eine Welt zusammen gebrochen.
Sie waren ihm jahrelang gefolgt
und begeistert von seinen Reden.
Und nun fragen sie sich:
Was bleibt?
1988,
auf dem Friedhof in einem kleinen Dorf.
Die Witwe und die drei Kinder eines 50-Jährigen Steuerberaters
stehen am offenen Grab ihres Ehemannes und Vaters.
Nach langer, schwerer und geduldig getragener Krankheit
hatte Gott endlich ein Einsehen gehabt
und ihn sterben lassen.
Der älteste Sohn,
22 Jahre, Student,
schaut dem Sarg nach in das Grab und fragt sich:
Was bleibt?
Was bleibt?
Was bleibt von unserem Leben?
Ein paar Knochen,
die auch noch zu Staub zerfallen?
Was bleibt von unserer Begeisterung?
eine zerstörte Hoffnung?
Was bleibt von unseren materiellen Dingen,
von dem was uns wichtig war?
Trümmer, Schutt und Asche?
Liebe Schwestern und Brüder!
Von all dem was uns wichtig scheint,
bleibt nichts!
Nicht einmal wir selbst.
Nur einer bleibt: GOTT
Das war die Erfahrung der jungen Frauen,
die sich damals entschlossen, ganz nach dem Evangelium zu leben
und Jesus als jungfräulich lebende Menschen nachzufolgen.
Die seit dieser Zeit als religiöse Gemeinschaft zusammenlebten
und heute als alte Damen
immer noch aus dieser Erfahrung Kraft schöpfen
und sie an viele Menschen weitergeben.
Ich habe am vergangenen Wochenende
einige von ihnen getroffen.
Nur einer bleibt: GOTT!
Das war die Erfahrung der Jünger des Rabbis am Kreuz,
deren Botschaft bis heute Menschen beeindruckt
und ihr Leben verändert.
Nur einer bleibt: GOTT!
Das war auch die Erfahrung des damals 22 jährigen,
der einige Jahre später Priester wurde
und der heute hier zu ihnen spricht.
Nur einer bleibt: GOTT!
Und von all dem was wir geplant, getan und geschaffen haben,
bleibt ebenfalls nichts.
Nur das eine kann uns nicht mehr genommen werden:
Die LIEBE, die wir verschenkt haben.
Das war auch die Erfahrung der Jungen Frauen,
der Jünger
und des Studenten.
Nur GOTT bleibt und die LIEBE, die wir verschenkt haben.
Das,
liebe Schwestern und Brüder,
ist die Erfahrung,
die Menschen täglich machen müssen und können und dürfen.
Auf den Friedhöfen,
in Krankenhäusern,
in Familien,
in Betrieben, in Schulen,
ja sogar in Kindergärten und auf Entbindungsstationen.
Nur GOTT bleibt und die LIEBE, die wir verschenkt haben.
Darauf will uns das Zeichen dieses Tages hinweisen:
Das Aschenkreuz,
mit dem wir uns bezeichnen lassen:
„Gedenke o Mensch, dass du staub bist
und zum Staub zurückkehren wirst.“
Und
„Bekehre Dich
und glaube an das Evangelium.“
Diese beiden deutenden Worte
sieht die Liturgie der Kirche bei der Aschenausteilung vor.
Nur GOTT bleibt und die LIEBE, die wir verschenkt haben.
Das ist auch die Zusammenfassung aller Gebote:
„Liebe Gott
und liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Nur GOTT bleibt und die LIEBE, die wir verschenkt haben.
In den kommenden vierzig Tagen
ist uns wieder die Fastenzeit geschenkt,
in der wir – wie in jedem Jahr –
aufs Neue einüben können,
nach den Geboten,
nach DEM Gebot zu leben.
„Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
Nur GOTT bleibt und die LIEBE, die wir verschenkt haben.
Die Fastenzeit will uns ermuntern,
uns wieder neu auf Gott hin auszurichten.
Wir dürfen all die Dinge,
– die weniger sind als ER –
relativieren.
Weglassen,
was uns von IHM abhält.
Und wir dürfen in dieser Zeit bewusster leben,
bewusster lieben.
Denn:
Nur GOTT bleibt und die LIEBE, die wir verschenkt haben.