Liebe Schwestern und Brüder!

Mir gehen die Bilder eines Videos nicht aus dem Kopf,
das ich am Faschingswochenende
im Internet gesehen habe.

21 junge Männer
– in orange Overalls gekleidet –
werden von schwarzen Gestalten
an einem Sandstrand entlang geführt.

Dort müssen sich die Männer aufstellen,
sie knien nieder
und schauen mit stoischem Blick geradeaus.

Das Video scheint sehr professionell gemacht zu sein.

Der Blick der Männer ist ernst
aber gelassen.

Keine Angst,
keine Wut,
kein Hass ist in den Gesichtern dieser jungen Männer zu sehen.

Man hört, dass sie etwas reden.

Es ist arabisch.

Ich verstehe es nicht.

Aber später wird man erfahren,
dass sie ein Bekenntnis zu Jesus Christus sprachen.

„Mein Herr Jesus, erbarme dich meiner!“

So waren ihre letzten Worte,
bevor ihnen die schwarzen Gestalten
den Kopf abschnitten.

So etwas Entsetzliches
habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.

Dann sieht man die Männer tot daliegen.

Das Video endet
mit einem Blick
auf das Meer,
das vom Blut getränkt ist.

Entsetzen und Wut,
Trauer und Abscheu
über diese entsetzliche Tat
waren die ersten Empfindungen, die ich hatte.

Dann aber habe ich mich gefragt,
wäre auch ich bereit für Jesus mein Leben zu geben?

Könnte auch ich
mit solcher Zuversicht und Gelassenheit
dem Tod ins Auge sehen,
wenn mich Menschen
wegen meines Glaubens
umbringen wollen?

Die jungen Männer waren Familienväter,
Arbeiter aus Ägypten,
koptische Christen,
die nach Libyen gekommen waren,
um Geld für ihre Familien zu verdienen.

Nach und nach
erscheinen ihre Lebensgeschichten im Internet.

Auch ihre Namen sind inzwischen veröffentlicht.

Wäre auch ich bereit,
mein Leben für Christus zu geben?

Gottseidank
kann ich mich in unserem Land
zu meinem Glauben bekennen,
ohne Angst um mein Leben haben zu müssen!

Doch das war nicht immer so
und das muss auch nicht immer so bleiben.

Und auch wenn uns niemand den Hals durchtrennen möchte,
so bin ich doch im Alltag immer wieder gefragt,
mein Leben für Christus einzusetzen.

Kann ich das?

Woher kann ich die Kraft dazu nehmen?

Was könnte mir die gleiche Zuversicht verleihen,
wie diesen jungen Männern?

Zwei Gedanken,
die das Evangelium dieses Sonntags enthält,
scheinen mir hilfreich zu sein.

Zuerst wird den Jüngern die Größe Gottes gezeigt:

Petrus, Jakobus und Johannes
begegnen nicht nur Christus
in einer Art und Weise, wie sie ihn bisher noch nie gesehen hatten.

Mose und Elia
erinnern sie an das,
was in der Heiligen Schrift
schon lange über die Großtaten Gottes berichtet wird.

Wovon sie schon so oft gehört haben,
das wird Ihnen jetzt vor Augen gestellt.

Wir wissen,
dass es die Erinnerung an das, was wir bereits erlebt haben,
immer wieder braucht.

Beeindruckende Momente
können wir zwar nicht festhalten
– Petrus versucht das mit seiner Bemerkung ja – ,
aber
wir müssen uns immer wieder daran erinnern.

Und auch nicht nur daran,
 sondern an den Grund, auf dem wir stehen.

Der Grund,
auf dem unser Glaube steht,
ist das,
was in der Heiligen Schrift steht,

was die Väter unseres Glaubens,
Mose und Elija,
aber auch die Apostel
uns überliefert haben.

In der Nachfolge der Apostel alle,
  die seither den Glauben an uns weitergegeben haben.

Wir müssen uns immer wieder daran erinnern,
um es nicht zu vergessen
oder gar den Glauben zu verlieren.

Unser Glaubensleben braucht Höhepunkte.

– und die gibt es ja auch!

Auch wenn die meiste Zeit
„Alltag“
und nicht „Gipfelerlebnis“
angesagt ist.

Deshalb lädt uns die Kirche immer wieder ein,
bewusst die Feste zu feiern,
bewusst den Glauben zu feiern.

Und ebenso bewusst den Alltag
– der nicht Fest ist –
zu leben.

Dass das Fest seinen Reiz verliert,
wenn es an jedem gewöhnlichen Tag einen Festtagsbraten gibt,

das liegt auf der Hand.

Gipfelerlebnisse im Glauben
genießen,
sie auskosten
und dann wieder in den flachen Alltag zurückkehren.

Das ist ein Gedanke,
den ich vom Evangelium von der Verklärung mitnehme.

Der zweite ist das Wort von der „Auferstehung“

„Dieses Wort beschäftigte [auch die Apostel]
und sie fragten einander,
was das sei: von den Toten auferstehen.“ (Mk 9,10)

So berichtet uns das Markusevangelium.

„Gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,“

So bekennen wir von Jesus Christus
im Apostolischen Glaubensbekenntnis.

Und weiter sagen wir da:

„Ich glaube an die … Auferstehung der Toten…“

Doch „glaube ich wirklich an die Auferstehung der Toten?“
daran,
dass ich auferstehen werde,
wenn das Leben hier zu Ende ist?

Das habe ich mich gefragt,
als ich die Gesichter der 21 jungen Märtyrer gesehen habe.

– Aus denen sprach dieser Glaube.

Denn wie anders
als mit dem Glauben daran,
dass sie auferstehen werden,
konnten diese Christen
so gelassen bleiben
und zuversichtlich das Martyrium annehmen?

Dass es nicht immer einfach sein muss,
an die Auferstehung zu glauben,
das zeigen schon die Apostel
auf dem Weg hinab vom Berg der Verklärung.

Doch nach Ostern erscheint ihnen ja der Auferstandene.

Und sie erinnern sich an das,
was sie auf dem Berg der Verklärung erlebt haben.

Und sie erzählen
von ihren Erfahrungen mit dem lebendigen Christus.

Daraus entsteht die Kirche.

Da, wo Menschen
ihre Erfahrungen mit dem lebendigen Christus teilen,
breitet sich der Glaube aus.

Wo das unterbleibt,
wird der Glaube leeres Ritual,
wird er letztlich verschwinden
oder höchstens zum Museumsstück verkommen.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir Christen
müssen Erfahrungen mit dem lebendigen und verklärten Christus machen
und wieder mehr von der Auferstehung sprechen.

Nun werden Sie mich vielleicht fragen:
Wo habe ich denn den Auferstandenen Christus schon gesehen?
Und wie kann ich denn
  von meinem Glauben an die Auferstehung erzählen?

Darauf antworte ich Ihnen:
Das ist zunächst ein Geschenk,
um das wir bitten müssen.

Doch ich bin mir sicher,
dass Jeder und Jede von uns
schon dem Auferstandenen begegnet ist.

Oft haben wir es nicht gemerkt
oder nicht wahrhaben wollen.

Wir haben es mit „Zufall“ umschrieben
oder einfach woanders,
  vor allem häufig auf Äußerlichkeiten,
hingeschaut.

Ist denn in dem Moment der Stille oder des Gebetes,
in dem ich innere Ruhe oder Stärkung empfange
nicht der Auferstandene am Werk?

Ist in dem Engagement,
das so viele für Arme, Notleidende und Flüchtlinge haben,
nicht Christus gegenwärtig?

Zeigt sich in der Freude,
die Menschen beim Lesen des Wortes Gottes,
beim Gottesdienst
oder in geistlichen Begegnungen erfahren
nicht das Gesicht Christi?

Freilich
können wir die Begegnung mit dem Auferstandenen nicht „machen“.

Aber wir können Räume und Gelegenheiten schaffen,
wo ER uns begegnen kann.

Wir könnten uns auch von IHM abwenden,

die Augen vor IHM verschließen

oder lieber den lauten und spektakulären Angeboten,
die uns von IHM wegbringen wollen,
nachlaufen.

Liebe Schwestern und Brüder!

Für mich sind die 21 Märtyrer von Libyen
eine Mahnung und Ermunterung,
meinen Glauben an die Auferstehung wieder neu zu wecken.

Mich motivieren ihre gelassenen und zuversichtlichen Gesichter,
meine Beziehung mit Christus zu erneuern.

Mich erinnern die jungen Männer,
die mutig ihr Leben für Christus gegeben haben, daran,
dass Christus auch in meinem Leben
lebendig gegenwärtig ist

Amen.

Fürbitten am 2. Fastensonntag Lesejahr B

[Einleitung durch den Zelebranten]

Wir bitten für die Brüder und Schwestern,
die wegen ihres Glaubens benachteiligt und verfolgt werden:

Gib ihnen Kraft,
damit sie in ihrer Bedrängnis die Hoffnung nicht verlieren.

Wir bitten auch für die Verfolger:

Öffne ihr Herz für das Leid, das sie anderen antun.
Lass sie dich in den Opfern ihres Handelns erkennen.

Wir bitten für alle,
die aus religiösen, politischen oder rassistischen Gründen verfolgt werden:

Sieh auf das Unrecht, das ihnen widerfährt,
und schenke ihnen deine Nähe.

Wir bitten auch für die Kirche:

Stärke unseren Glauben
durch das Zeugnis unserer bedrängten Brüder und Schwestern.

Mach uns empfindsam für die Not aller Unterdrückten
und entschieden im Einsatz gegen jedes Unrecht.

Wir bitten für alle,
die mit dem Opfer ihres Lebens Zeugnis für dich abgelegt haben:

Lass sie deine Herrlichkeit schauen.

Gott unser Vater, im Gebet tragen wir das Leiden der Verfolgten vor dich und die Klage derer, denen die Sprache genommen wurde. Wir vertrauen auf dein Erbarmen und preisen deine Güte durch Christus unseren Herrn und Gott.

Amen.