Jesus Christus ist den Menschen nahe, er achtet auf jeden einzelnen von uns. Mit seinem Kreuzestod hat er unsere Schwächen und Sünden auf sich genommen. Sollten daher nicht auch wir Christen, die wir in seiner Nachfolge stehen, unsere Mitmenschen mehr in den Blick nehmen? Noch hellhöriger und aufmerksamer für sie sein?
Diese Gedanken bildeten den Kern des diesjährigen Kreuzwegs in St. Matthias, den die Religionsfachkräfte Sabrina Brey, Nina Smith und Tobias Bernat mit Texten und kreativen Elementen an vier Stationen vorbereitet hatten. Wegen der besonderen Corona-Situation wurde er zum ersten Mal klassenweise unter Begleitung der unterrichtenden Lehrkraft am Donnerstag und Freitag vor den Osterferien gegangen.
Bevor sich die Gruppen auf den Weg machten, stimmte der einleitende Text über den Sinn der Kreuzigung Jesu in Bezug auf Schmerz und Leid in unserem eigenen Leben und an vielen Orten in der Welt auf das Thema und den meditativen Charakter des Kreuzwegs ein.
Im Mittelpunkt der Stationen stand jeweils ein Abschnitt aus der Leidensgeschichte nach dem Lukasevangelium. Außerdem regten Gedanken, die das damalige schlimme Geschehen deuteten, an, darüber nachzudenken, wo wir solchem Tun auch heute begegnen.
An der ersten Station im Foyer der Schule brachten die Schülerinnen und Schüler zu Papier, wie sie einem traurigen Menschen Hoffnung bringen können. Manche drückten ihre Ideen mit Worten aus, andere griffen zum Zeichenstift.
Zum Thema der zweiten Station führte die Betrachtung des Bildes „Verurteilung“ von Ben Willikens, das vor der Aula aushing. Die Schüler äußerten ihre Eindrücke und Gefühle beim Blick auf das Bild. Dazu passte anschließend die Schilderung des Prozesses Jesu vor Pilatus: Der Statthalter, im Grunde zu einem Freispruch bereit, sprach schließlich doch die Verurteilung Jesu aus, weil er dem hasserfüllten Protest der Menge nichts entgegenzusetzen hatte.
Weiter ging es in die Kirche zur dritten Station.
Das am Seitenaltar liegende große Holzkreuz führte Jesu Tod drastisch vor Augen. Doch die Texte lenkten die Aufmerksamkeit auf eines seiner letzten Worte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Ein revolutionärer Gedanke: Jesus bittet für seine Peiniger um Verzeihung! Wofür müssen eigentlich wir um Verzeihung bitten? Mit Nagel und Hammer hefteten die Beteiligten die Dinge an das Kreuz, von denen sie sich wünschten, dass sie ihnen vergeben werden. Am Ende waren alle Kreuzesbalken mit entsprechenden Zetteln zugedeckt.
Der Hauptaltar bildete die vierte und letzte Station. Dort erinnerte die Bibelstelle daran, dass neben Jesus zwei Verbrecher gekreuzigt wurden. Auf die Bitte des einen, Jesu möge an ihn denken, wenn er in seinem Reiche sei, antwortete Jesu und versprach ihm, dass er heute noch mit ihm im Paradies sein werde.
Das besinnliche Taizé-Lied „Jesus, remember me“ lud dazu ein, an einen lieben Menschen zu denken, der sich gerade in einer schwierigen Lage befindet. Jede und jeder konnte im Stillen seine Bitten vor Gott bringen und dazu eine Kerze anzünden.
Mit einem Gebet und dem Segenswunsch schloss der Kreuzweg ab.
Es war eine gelungene Andacht mit nachhaltigen Eindrücken – mitten im Schulalltag. Ich denke, dass gerade die gruppenweise Aufteilung den besinnlichen Charakter des Gottesdienstes unterstützte.
Thomas Erhard