Der Leiter der Einrichtung, Stiftungsdirektor Prof. Dr. Joachim Burkard, konnte am Samstag, dem 23. September, zur Feier des 90-jährigen Bestehens der Einrichtung St. Matthias etwa 400 Gäste begrüßen, an deren Spitze Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising.
Den Auftakt des Programms bildete die Fragerunde des Kardinals mit den Schülerinnen und Schülern von St. Matthias unter dem Motto „St. Matthias meets the Cardinal“. Bevor der Leiter des Erzbistums sich jedoch den Fragen der beiden Moderatoren, Simone (Klasse 11) und Johannes Feldl (Abitur 2016) stellte, bescherte ihm das Publikum ein Ständchen zu seinem Geburtstag, der erst zwei Tage zurücklag.
Offenherzig und mit Humor beantwortete er Fragen zu seinen persönlichen Vorlieben und auch Fragen, die mit seinem Amt als Kardinal und Berater des Papstes zusammenhingen. So bekannte er sich als Frühaufsteher wider Willen und auch als Wies’n-Besucher, dass er gerne Bücher liest, eher „offline“ ist und gelegentlich ins Kino geht. Er berichtete von seinen Treffen mit Papst Franziskus und hob dessen unkomplizierte und umgängliche Art hervor.
Der Festgottesdienst wurde vom Kardinal geleitet. Es konzelebrierten der Stiftungsdirektor Dr. Joachim Burkard, Dekan Gerhard Beham, Pfarrer der Stadtkirche Wolfratshausen und Spiritual in St. Matthias, und die beiden ehemaligen Seminardirektoren Hermann Fink und Dr. Franz Haringer. Ein schulischer Projektchor, der von Sängern der Stadtkirche unterstützt und von ihrem Kirchenmusiker Ehlert geleitet wurde, trug zur Feierlichkeit der Messe bei.
In seiner Predigt formulierte Kardinal Marx zwei Botschaften: Auf der Grundlage des Bibelworts „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren“ erläuterte er zum einen, was unter einer christlichen Leitkultur zu verstehen ist, die er auch als Wegweiser für eine katholische Schule betrachtet: Ein Christ bleibt nicht dabei stehen, ständig um das „Ich“ zu kreisen, sondern wird immer auch den anderen in den Blick nehmen und dessen Person und Bedürfnisse berücksichtigen. Einen Tag vor der Bundestagswahl gab er besonders den jungen Zuhörerinnen und Zuhörern zu verstehen, dass Freiheit und Demokratie nicht selbstverständlich funktionieren, vielmehr benötigten sie den Einsatz des einzelnen. Im Rückgriff auf das Wort aus der Offenbarung des Johannes „Siehe, ich mache alles neu“ appellierte er an diejenigen, die in St. Matthias arbeiten, den in der Einrichtung neu beschrittenen Weg mutig und mit Zuversicht zu gehen.
Für das leibliche Wohl der Gäste war im Anschluss gesorgt. Die Schulgemeinschaft und die Hauswirtschaft hatten alles Notwendige für das Mittagessen gut vorbereitet, die Tische schön geschmückt. Wegen des ausgesprochen sonnigen Wetters konnte zum ersten Mal der ausgedehnte Campus der Einrichtung so richtig genutzt werden. Es herrschte aus diesen Gründen eine fröhliche Stimmung, es gab viele Szenen des überraschenden und freudigen Wiedersehens mit ehemaligen Schülerinnen und Schülern, Seminaristen und Lehrkräften.
Wie erwartet war das Bedürfnis, sich mit den ehemaligen Klassenkameradinnen und -kameraden auszutauschen so groß, dass es gar nicht leicht fiel, die Besucher zum anschließenden Festakt in die Aula zu bewegen.
Dort moderierten, nach einer kurzen Begrüßung durch die Schulleitung, die Schülerinnen Cornelia Mezler und Valérie Schlott (beide Klasse 11) souverän eine Gesprächsrunde mit der Leiterin des Ressorts Bildung im Ordinariat, Ordinariatsdirektorin Frau Dr. Krump, dem Leiter des Ressorts Personal, Ordinariatsdirektor Monsignore Franzl (Abitur 1984), dem Ministerialbeauftragten für die Beruflichen Oberschulen Südbayern, Herrn Maurer, dem dritten Landrat Klaus Koch und dem Waldramer Mathematiklehrer Ralf Wiechmann.
Frau Dr. Krump betonte in ihren Beiträgen, dass die Einrichtung St. Matthias für Bildungsgerechtigkeit stehe, weil St. Matthias für viele junge Menschen, die zunächst ohne Abitur dastehen, noch einen Weg zur allgemeinen Hochschulreife anbiete. Monsignore Franzl äußerte sich optimistisch, dass das veränderte Konzept mit dem „Wohnen ⊕“ erfolgreich ist. Es habe vor allem zum Ziel, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass die Kirche ihnen ein breites Spektrum an Berufen in allen Bereichen bietet, Berufung also weiter gefasst werden muss.
Der Ministerialbeauftragte für die beruflichen Oberschulen Südbayern, Maurer, betonte, dass die Existenz der beruflichen Oberschulen Beweis dafür sei, dass es im Bildungssystem immer einen Anschluss gebe. Die Eltern könnten beruhigt werden, die meinen, dass Chancen verpasst werden, wenn am Ende der Grundschule der Übertritt in das Gymnasium misslinge. Er bot der neu gegründeten Fachoberschule St. Matthias seine volle Unterstützung an und empfahl den neuen Schülerinnen und Schüler, von Anfang an auf den Unterricht konzentriert zu sein, da die Schulwochen durch die Unterbrechung durch das Praktikum sehr kurz seien. Die beruflichen Oberschulen zeichnen sich durch die Kombination von Wissensaneignung und berufliche Erfahrung aus, sodass das Gelernte unmittelbar in der Praxis angewandt oder überprüft werden kann. Klaus Koch, der Landrat Niedermaier vertrat, betonte, dass der Landkreis sich über die zusätzliche FOS als Bereicherung seiner Bildungslandschaft freue, weil bei Zuzügen das Bildungsangebot ein entscheidender Faktor bei der Festlegung des neuen Wohnortes sei. Herausforderung könnte sein, dass sich Waldram neben den Fachoberschulen in Starnberg, Bad Tölz und Holzkirchen mit einem eigenen Profil behaupten müsse. Er sei aber zuversichtlich, dass dies aufgrund des guten Rufs und mit der christlichen und sozialen Ausrichtung gelingen könne.
Herr Wiechmann hob in der Diskussion hervor, dass jeder Lehrer gefordert sei, das Interesse der Schülerinnen und Schüler für sein Fach zu gewinnen, indem es ihm gelingt, die Faszination, die in seinen Inhalten und Fragen stecken, zu vermitteln. Die bloße Ausrichtung des Unterrichts auf Kompetenzvermittlung stufe Bildung zu einem rein ökonomischen Produkt herab. Er lehnte es daher ab, sie allein als Kriterium für die Berechtigung von Lerninhalten gelten zu lassen.
Bei Kaffee und Kuchen genossen alle Gäste den Nachmittag, bevor Christoph Rebelein (Abitur 2014) und seine Partnerin am Flügel, Frau Borissova, mit Liedern von Richard Strauß und aus der Walküre von Richard Wagner mit drei Zugaben zum Abschluss des Programms noch einen konzertanten Ohrenschmaus boten.
Thomas Erhard